20 Kunstwissenschaften
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Bunker—TV, TV—Bunker: Heterotope Mechanismen am Beispiel von Schutzbauwerken und (Fernseh-)Serien
(2017)
Die vorliegende Dissertation widmet sich anhand eines kurios anmutenden, aber auf einer Metaebene fruchtbaren Vergleichs von Schutzbauwerken und Fernsehserien historischen und aktuellen Mechanismen menschlichen Denkens und Handelns.
Als theoretische Basis dieser Abhandlung fungiert die Heterotopie – ein Konzept des französischen Philosophen Michel Foucault. Die Heterotopie ist ein inflationär gebrauchtes, oft nur oberflächlich betrachtetes Theorem. Das Konzept wird hier nun mit Blick auf das Gesamtwerk Foucaults en détail untersucht sowie um korrelierende Ansätze (Augé, Lefebvre, Soja ...) ergänzt. Aus dieser Betrachtung lässt sich ein über Foucault hinausgehender, analytisch nutzbarer Katalog ableiten.
Verkürzt wird die Heterotopie folgendermaßen bestimmt: Neben der Definition der Heterotopie als Raum des Anderen, als (gesellschaftskritischer) Gegenraum kann sie dem wie auch immer bestimmten Normalraum unterstellt sein. Die Heterotopie ist möglicherweise eine bauliche Manifestation schwarz-weißen Denkens, von Ausgrenzung und sichtbarer Unsichtbarkeit, sie wird zur Realisation wie auch immer definierter Ideale oder Stereotypen. Die Heterotopie ist allerdings auch als ein (hybrides) Dazwischen denkbar, welches sich als katalytischer Raum, im dialektischen Sinne als Ort der Synthese äußert. Es könnte als Niemandsland oder als Phase (im Leben) charakterisiert werden.
Analog zum letzten Beispiel lässt sich die Heterotopie als progressiv-seriell beschreiben. Ihre stagnierend bis variierende Serialität kann sich im Betreten identischer Räume äußern – mal als verlässlich oder ermüdend empfunden.
Nicht nur die einem entsprechenden Raum entgegengebrachten Konnotationen sind vielfältig bis ambivalent, die Heterotopie ist neben real-räumlicher auch virtueller Fasson: Betonmauer finden bisweilen eine Entsprechung im einfachen Harmoniefernsehen. Einander heterotop gegenüberstehenden Räumen wird etwa mit der Figur Walter White in der komplexen Fernsehserie "Breaking Bad" entsprochen – ist er doch hin und her gerissen zwischen seiner biederen, aber geliebten Familie einerseits und der abstoßend gewalttätigen, aber extrovertierende Potentiale bergenden Drogenproduktion andererseits.
Die sogenannte Leihkörperschaft bzw. die Immersion lassen sich zur Beschreibung verschiedener Heterotopie-Erfahrungen nutzen. Dieses Eintauchen/Betreten wird hier als Rezeptionsphänomen zwischen sensomotorischer Illusion und inhaltlich-narrativem Sog, zw. Fixierung des Körpers und Einbezug desselbigen definiert.
Die beiden Untersuchungsfelder werden jeweils für sich historisch und theoretisch umrissen. Zum noch jungen Feld serieller Theorie/der Definition narrativer Typen (im TV bzw. dem Qualitätsfernsehen) wird ein einführender Überblick geboten.
Die praktischen Arbeiten setzen sich ästhetisch, narrativ und inhaltlich mit der Heterotopie auseinander: In "Habitat" und "Habitat 2" werden serielle Konzepte audiovisuell (u. a. als Fulldome-Version) erprobt. Dabei wird insbesondere das Heterotope im Konzept "Autor" untersucht – der Autor als distinkte und gleichsam konfliktbehaftete, in zahlreiche Subjekte zerlegte Figur. "Habitat 3" ist ein Publikationskonzept, welches mit etablierten (heterotopen) Strukturen des Sammelbands bricht und zugleich die heterotopen Facetten des fiktionalen Fernsehens simuliert.
Band I beinhaltet sowohl den theoretischen Teil der Promotion als auch die Erläuterung der praktischen Arbeiten. Band II ermöglicht einen Einblick in die konzeptionellen Prozesse hinter den drei künstlerischen Projekten.
Die Bau-Ausstellung zu Beginn des 20. Jahrhunderts oder „Die Schwierigkeit zu wohnen“, so lautet der Titel der Arbeit und legt damit ihren Fokus offen. Sie betrachtet ein um 1900 aufkommendes Ausstellungsphänomen in seinen ersten Dekaden; in einer Zeit, in der das Wohnen problematisiert wurde.
Der Praxis des Wohnens ist Anfang des 20. Jahrhunderts seine Selbstverständlichkeit abgesprochen worden. Die Bau-Ausstellung wird als ein Symptom dieses Verlusts interpretiert und zugleich als Versuch, ihm entgegenzuwirken. Statt sie innerdisziplinär als eine architekturgeschichtliche Episode der Moderne rein positivistisch zu beschreiben, legt die vorliegende Arbeit im Typus der Bau-Ausstellung eine weit reichende Problematik frei, die kulturphilosophische ebenso wie medientheoretische Dimensionen hat: Inwieweit lässt sich das Wohnen überhaupt ausstellen? Wie kann man eine alltägliche Praxis, die kaum eine Definition erlaubt, zeigen? Den Umgang mit dieser Aporie untersucht die Arbeit.
Theoretischer Teil:
Durch den Vergleich der Daten, die sowohl von den Instituten bzw. Statistikunternehmen z. B. Google, Bundesnetzagentur und Statista in Deutschland, 中国互联网络信息中心 in China, FIND in Taiwan usw. zur Verfügung gestellt wurden, als auch durch die von mir durchgeführten Umfragen in den jeweiligen Ländern, sowie durch die Interviews in Weimar, zeigen sich die kulturellen Unterschiede sowie die Gemeinsamkeiten bei der Nutzung des Smartphones. Darüber hinaus ergaben sich noch einige Konsequenzen bei den Interpretationen dieser Ergebnisse, die eng mit der Entstehung der kulturellen Unterschiede zusammenhängen.
Praktischer Teil:
Der erste Entwurf ist eine visuelle Tastatur. Um die Bildschirmtastatur zu verbessern, versucht type right ! (der Name meines Entwurfs) das Problem von Vertippen beim Eingeben zu lösen. type right ! hat zwei Schwerpunkte: 1. geänderte Positionen der Buchstaben und Zeichen und 2. geänderte Form der Taste.
Der zweite Entwurf handelt von einem Konzept einer App für die Integrationsmöglichkeit der Kommunikation.
Bücher werden nicht erst seit ihrer industriellen Produktion aus gefalzten Papierbogen zusammengesetzt – schon mittelalterliche Codices wurden aus gefalteten Pergamenthäuten konstruiert. Fokus dieser Studie über das Medium Buch ist daher die Kulturtechnik der Faltung. Anders als in der philosophischen Auseinandersetzung mit dem Begriff der Falte, ist die Buchfalte keine anti-lineare Figur, sondern ein operationales Falzscharnier, welches Anordnungen im Buchraum bestimmt und Ornamente hervorbringt. Mediengeschichtliche Fragestellungen sind auf Analysen von Buchmaterial und Künstlerbüchern vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart basiert. Mit den Büchern u.a. von Christian Boltanski, Hanne Darboven und Hans-Peter Feldmann werden Erkenntnisse über buchgeschichtliche Zusammenhänge gewonnen und das Künstlerbuch in eine Geschichte des Mediums Buch eingestellt.
Die zwei sprachlichen Ausdrucksmodalitäten – Poesie und Prosa – stehen im offenkundigen Widerspruch zueinander, obwohl sie in der Praxis untergründig miteinander verbunden sind. Wissenschaft meint unbedingt prosaisch zu sein, Kunst hingegen pauschalerweise poetisch – aber stimmt das denn auch? Wissenschaft und Kunst – welcher Gegensatz ist das? (Tagungsbeitrag zur Konferenz "Practice-Based Reasearch in Art and Design", Weimar 2011)
Bücher werden nicht erst seit ihrer industriellen Produktion aus gefalzten Papierbogen zusammengesetzt – schon mittelalterliche Codices wurden aus gefalteten Pergamenthäuten konstruiert. Fokus dieser Studie über das Medium Buch ist daher die Kulturtechnik der Faltung. Anders als in der philosophischen Auseinandersetzung mit dem Begriff der Falte, ist die Buchfalte keine anti-lineare Figur, sondern ein operationales Falzscharnier, welches Anordnungen im Buchraum bestimmt und Ornamente hervorbringt. Mediengeschichtliche Fragestellungen sind auf Analysen von Buchmaterial und Künstlerbüchern vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart basiert. Mit den Büchern u.a. von Christian Boltanski, Hanne Darboven und Hans-Peter Feldmann werden Erkenntnisse über buchgeschichtliche Zusammenhänge gewonnen und das Künstlerbuch in eine Geschichte des Mediums Buch eingestellt.
Die Arbeit fokussiert die Rolle des Abjekten in der zeitgenössischen Kunst und hier insbesondere die Rolle der Künstler aus den wohlhabenden – sogenannten postindustriellen – Ländern. Die Arbeit mit abjekten Themen in der Kunstproduktion ist sehr präsent, jedoch aus einer anderen, eher individualistischen Perspektive. Die wichtigsten Orte der Kunst (Galerien, Museen, Kulturzentren) sind Räume der Legitimation dieser Art von Produktion, dabei wird das Potential der Provokation hinterfragt. Die klassische Avantgarde, besonders der Dadaismus, hat das Abjekte zu Beginn des 20. Jahrhunderts als künstlerisches Material genutzt. Das Spiel mit Grenzüberschreitungen durch die Darstellung des Verbotenen und Ekelerregenden machte das Abjekte zur produktiven Kraft auch auf sozialer Ebene, weil es als Mittel dem gesellschaftlichen Protest und der sozialen Kritik diente.
Kampf gegen die Sonne
(2013)
Kampf gegen die Sonne,
Extrakt (Abdulbari Madi genannt Hakim Madi):
Wenn wir unsere Vergangenheit betrachten, schauen wir auch in das Gesicht unserer Gegenwart und Zukunft. Wir müssen danach streben, unser kulturelles Erbe und unsere traditionellen Wurzeln zu bewahren, um gleichzeitig von den Erfahrungen der Vergangenheit in den verschiedenen Bereichen des Lebens zu profitieren und sie mit unserer heutigen Umwelt und Kultur in Einklang zu bringen. Die von der UNESCO geschützte alte Stadt Ghadames mitten in der Wüste von Libyen ist ein solcher Ort, an dem mehr als 2.000 Jahre Geschichte spürbar zu greifen sind.
Die Arbeit beschäftige sich zum einen mit dem baulichen Erbe der Stadt Ghadames als kulturelle Errungenschaft im Wandel aktueller Besiedlungsformen unter besonderer Berücksichtigung des Phänomens „Licht und Schatten“. Die einzigartigen Licht- und Schatten-Effekte in Ghadames sind aber, verbunden mit einem Seitenblick auf die theoretischen Beschäftigung damit, Anlass für eine praktische künstlerische Auseinandersetzung mit diesem Aspekt auf photographischer Ebene. So ist als fester Bestandteil dieser Arbeit eine Fotoserie entstanden.
Titel der Arbeit ist „Kampf gegen die Sonne“. Er hat seine Berechtigung, denn der Sonne sind die Bewohner der Wüstenstadt Ghadames schon seit jeher ausgesetzt und haben daher verschiedene Strategien entwickelt, sich vor der sengenden Sonne zu schützen. Das spiegelt sich vor allem in der Architektur, aber auch in der speziellen Palmenbepflanzung.
Gebauter Schatten – ans Klima angepasste Architektur
Architektur sollte idealerweise mit den Bedingungen ihres Umfelds in Einklang stehen. Die arabische Welt ist besonders von ihren klimatischen Bedingungen und der Weite der Wüste geprägt, wobei die Sonneneinstrahlung eine wichtige Rolle spielt. Diese Naturelemente bestimmen die arabische Architektur tiefgreifend.
Architektur, die wie in Ghadames über viele Jahrhunderte als Reaktion auf ein heißes, trockenes Klima entstanden ist, ist gerade heute in Zeiten des sich bereits vollziehenden Klimawandels von besonderem Interesse. Auch in den gemäßigten Klimazonen Europas wird die Sonneneinstrahlung kontinuierlich intensiver und damit wird die Nachfrage nach einer den neuen klimatischen Bedingungen angepassten Bauweise zukünftig zunehmen. An dieser Stelle kann man sicher von den architektonischen Errungenschaften und der langen Erfahrung mit Architektur als gebauter Schatten, wie sie in der Altstadt von Ghadames praktiziert wird, profitieren. Gerade im Vergleich mit der Neustadt von Ghadames, bei der man eben nicht traditionelle Bauweisen und Materialien der Wüstenstadt berücksichtigt hat, sondern eine standardisierte Architektur unabhängig von klimatischen Besonderheiten eingesetzt wurde, wird deutlich, wie groß der Unterschied in der Lebensqualität ist.
Die Stadtplaner der Altstadt von Ghadames dagegen haben auf Klima und Wüstenlage Rücksicht genommen. Die Arbeit analysiert Punkt für Punkt, wie sich die Anpassung in Bauform und Material traditionell vollzieht: So wurden Gebäude mit geeigneten und vor Ort vorhandenen Baustoffen errichtet, die eine angemessene Klimatisierung erlauben. Eine spezielle Lehmbauweise passte sich den Bedingungen der Sahara mit glühender Hitze während des Tages und mit bitterer Kälte in der Nacht optimal an. Gebäude wurden mit sehr dicken Wänden errichtet und so konstruiert, dass durch winkelartige Aufbauten an den Außenwänden, Schatten auf die Oberflächen fallen und damit eine gewisse Feuchtigkeit entsteht, die Wärme absorbiert. Ausdehnung und Kontraktion der Baumaterialien konnten so kompensiert werden.
Diese Art der Lehmbauweise findet man bei verschiedenen Stämmen und Kulturen im weitläufigen Saharagebiet wie z.B. in Mali. Aber einzigartig in Ghadames ist, dass nicht einzelne Bauwerke, sondern eine komplette Stadt wie aus einem Guss gestaltet wurde. Nicht nur Häuser und Moscheen, sondern auch Straßen und Verbindungswege sind überdacht, so dass Ghadames bis auf einige wenige Lichthöfe als ein komplett gegen die Sonne nach oben abgeschirmtes Labyrinth bezeichnet werden kann. Manchmal wird Ghadames auch als unterirdische Stadt betitelt, was zwar gut den atmosphärischen Eindruck, der an einen Keller erinnert, beschreibt, aber sachlich falsch ist, da sie überirdisch erbaut ist. Die ganze Architektur ist ein Bollwerk gegen das sengende Sonnenlicht. Dabei geht es nicht darum, es vollständig abzuwehren, sondern es zu mildern.
Licht- und Schatten-Spiel
Dabei entstehen einzigartige Lichteffekte, die photographisch äußerst reizvoll sind. Dabei ist der Schatten wie allgemein bekannt ist, ein flüchtiges Phänomen, verändert sich je nach geographischer Lage und mit dem täglichen Lauf der Sonne. Die Bewegung der Schatten ist für die Entwicklung und Gestaltung von Räumen und Architektur von weitreichender Bedeutung. Am Baukörper zeigt sich das Wechselspiel von Körper und modellierendem Licht.
In der Stadt Ghadames gab es bis vor kurzem nur eine natürliche Beleuchtung, die über kleinere, verschließbare Öffnungen in der Decke erfolgte. Diese Straßenbeleuchtung hat so ihre eigene Ästhetik im Rhythmus von Licht und Schatten, dass in den Straßen selbst exzeptionelle Lichtkunstwerke sichtbar werden. Ähnliches gilt für die Wohnräume, bei denen das von oben einfallende Licht zusätzlich durch zahlreiche Spiegel vervielfacht und entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen umgelenkt wurde.
Auch auf den Dächern zeigen sich architektonische Elemente, die nicht allein aus der Ästhetik erwachsen, sondern gleichzeitig praktischen Nutzen besitzen. Die Oberstadt war allein den Frauen vorbehalten, die sich hier unter sich frei bewegen konnten, aber selbstverständlich auch hier die Schattenplätze bevorzugten. Die Ecken der Häuser sind daher segelförmig ausgewölbt, so dass sich darunter bequem Schatten finden ließ. Sie verleihen der Stadt Ghadames ihre typische, von weitem sichtbare Zackenform.
Die Identität stiftende Rolle von Ghadames für Libyen
Es wird zunächst herausgearbeitet, welche Identität stiftende Rolle Ghadames für Libyen spielt und wie sich die für Ghadames typische eigene Kultur und Lebensform entwickeln konnte. Dabei werden die Bedingungen der Anpassung der Bewohner von Ghadames, geprägt durch verschiedene Einwanderungswellen, an Land und Umgebung, untersucht.
Die Arbeit bestätigt durch eine Analyse der aktuellen Photoszene, wobei sowohl traditionelle als auch moderne Photographien von Ghadames exemplarisch untersucht werden, die Vermutung, dass Ghadames Kristallisationspunkt des Umschwungs innerhalb der libyschen Photographie ist.
Ein weiteres Ziel der Arbeit war, anhand von eigenen künstlerischen Photos die Besonderheit von Licht und Schatten in der Stadt Ghadames aufzuzeigen. Dabei wird der Blick geöffnet für die außergewöhnlichen Perspektiven, die durch die Anwendung unterschiedlicher Phototechniken entstehen, und die dadurch hervorgerufenen künstlerischen Verfremdungseffekte.
Geschichte und Kultur von Ghadames
Dargestellt wird, wie sich diese Entwicklung im Laufe der Zeit verändert hat, wie Urbanisierung und Zivilisation der Menschen in der Vergangenheit auf die Gewohnheiten der Menschen in der Gegenwart eingewirkt haben und noch immer weiter einwirken. Dazu wird eine ausführliche Klimabeschreibung geliefert, sowie ein Abriss der verschiedenen historischen Epochen in Ghadames.
Rezeptionsgeschichte von Ghadames in der Photographie
Daran schließt sich ein Teil an, bei dem gezeigt werden konnte, dass Ghadames schon bei den Afrikaforschern im 19. Jh z.B. bei den Briten Gordon Leng und James Richardson sowie bei dem Deutsche Gerhard Rohlfs von besonderem Interesse war. Berichte bebilderte man zunächst mit Zeichnungen, wenig später dann mit Fotografien. Der erste Afrikareisende mit Fotodokumenten war Victor Langeau gegen Ende des 19.Jh. Daran schließt sich eine Betrachtung der Rezeption von Ghadames in der historischen Fotografie von Marcel und Roselyne Hongrois an, deren Photomaterial die Basis für die Betrachtung der zeitgenössischen Fotografie in Libyen bildet.
Dabei wird aufgezeigt welche Entwicklungsstufen die Photographie in Libyen durchlaufen hat. Repräsentative professionelle Auftragsarbeiten stehen am Anfang, dann folgt eine Phase stereotyper Familienphotos. Überschattes wird beides von der Propagandarolle der Fotografie, die nicht nur alle offiziellen Fotos bestimmt, sondern auch ein freies Photographieren aufgrund der strengen Zensur behindert. Daher entwickelt sich, trotz technischer Voraussetzungen erst verhältnismäßig spät die freie künstlerische Photographie. Da aber internationale Vorbilder in Form von Büchern, Seminaren, Ausstellungen oder andere Informationsquellen fehlen, gibt es kaum Anregungen und wenig eigene Themen.
Dieser Mangel an eigenen Ideen in Libyen ist der wichtigste Grund, diesbezüglich zu forschen und aktiv zu werden. „Licht und Schatten am Beispiel von Ghadames“ ist aber ein Thema, das auch für andere Photographen in Libyen hilfreich sein kann. Es eröffnet den Dialog und unterstützt die im Aufschwung befindliche Photographie in Libyen. Diese Arbeit ist als ein Beitrag zur wissenschaftlichen Forschung im Bereich Photographie gedacht, die in libyschen Bibliotheken und Archiven fehlt. Sie soll Anstoß geben, dass libysche Photographen in den internationalen Dialog einsteigen und immer wieder darüber nachdenken, was ist die Bedeutung und das Ziel der eigenen photographischen Arbeit ist.
Das Phänomen „Licht und Schatten“ in der Photographie und Malerei
Die Arbeit zeigt, dass das Spiel von Licht und Schatten auch in der eigenen Photoarbeit nicht nur rein ästhetisches Phänomen ist, sondern sich darin für Libyen so charakteristische Lichtverhältnisse spiegeln. Durch die geographische Lage ist die Sonneneinstrahlung intensiver, die Kontraste sind härter, die Schatten tiefer als in eher gemäßigten Zonen wie Europa oder Nordamerika. Die Sonne ist daher auch bedeutungsmäßig anders aufgeladen.
In der Malerei und Photographie spielen Licht und Schatten als Gestaltungsmittel eine bedeutende Rolle. Ein Überblick über einige der wichtigsten Vertreter in der Malerei und in der Photographie macht das im Rahmen der Arbeit deutlich. Dabei gilt es einen grundlegenden Unterschied zwischen den Gattungen zu beachten: Der Maler kann verschiedene Licht- und Farbeffekte für seine Bilder erfinden, der Photograph dagegen geht mit der Wirklichkeit um, er muss sich die Farben und die Beleuchtung suchen. Natürlich gibt es jetzt Photoshop, man kann damit manipulieren, aber entscheidend ist das gewünschte Resultat. Wenn man dokumentarisch arbeitet, dann muss man versuchen, das Bild so aufzunehmen, dass alles darauf ist, was man zeigen will. Und wenn man verblüffen will, etwa expressive Wirkungen haben will, muss man die entsprechenden Mittel einsetzen.
Mein eigener photographischer Ansatz
Mein photographischer Ansatz unterscheidet sich grundlegend von diesen Beispielen und entsteht aus einer Mittlerposition zwischen der europäischen und der arabischen Kultur. In meinen freien Arbeiten versuche ich mit einer nahezu abstrakten Bildauffassung, dem für Ghadames typischen Phänomen von Licht und Schatten näher zu kommen. Ghadames entstand als architektonische Gesamtkomposition, als gebauter Schattenfänger über einer Quelle mitten in der von der Sonne beherrschten Wüste. Schatten wird hier anders als in der europäischen Tradition als positiver, Leben spendender Zustand im Gegensatz zur sengenden und alles verbrennenden Sonne aufgefasst. Die Architektur der Stadt ist in idealer und einzigartiger Weise an die klimatischen Bedingungen und an den Lauf der Sonne angepasst. Diese gebaute Schattenskulptur ist mehr als Kulisse und Motiv für meine Photographie, denn in meiner Arbeit spiegeln sich Licht und Schatten auch als grundlegendes Thema der Photographie, bei der Hell- und Dunkelwerte das Lichtbild erschaffen. Photographie ist auf enge Weise mit dem Thema Licht und Schatten verbunden. Die Malerei versucht, die Dreidimensionalität mittels abgestufter Helligkeitswerte der einzelnen Farbtöne darzustellen und ist darin ziemlich frei, in der Photographie aber wird das Bild allein aus dem Licht geboren. Das Motiv wird aus Licht und Schatten moduliert. Wenn Licht auf einen dreidimensionalen Körper trifft, werden verschiedene Schattenformen wie Schlagschatten, Eigenschatten und Schattierungen erzeugt. Der Schatten spiegelt die Form eines Lebewesens oder Gegenstandes, der von Licht getroffen wird. Wo Schatten ist, ist auch Licht. Er ist zeitabhängig, vergänglich und wechselhaft.
Für mich als Photograph ist daher dieser Aspekt von Licht und Schatten in der Stadt Ghadames außerordentlich interessant. Im Arabischen steht der Begriff „Gamalyate“ für Schönheit. Das Hauptziel dieser Arbeit besteht für mich darin, die herausragende Schönheit und Ästhetik des Lichts über die physikalisch-technischen Gegebenheiten hinaus durch meine künstlerische Photographie erfahrbar werden zu lassen,
Kontrastausgleich - Aufnahmen mit HDR
Die Malerei, insbesondere die Freilichtmalerei der Impressionisten, hat schon immer mit dem Problem gekämpft, die unterschiedlichen Lichtqualitäten von Außen- und Innenraum in einem Bild zu integrieren. Das ist ihnen mit malerischen Mitteln einfacher gelungen, weil sie sich vom Gegenstand insofern entfernen konnten, als sie einen Kontrastausgleich innerhalb ihrer Malerei vornahmen. Fensteransichten waren ein beliebtes Motiv, wobei man sowohl das Drinnen als auch das Draußen erkennt. Das Problem des Kontrastausgleiches habe ich bei meiner photographischen Arbeit gelöst, indem ich ein spezielles digitales Verfahren angewendet habe. Die Technik heißt HDR. Diese Technik lässt Modulationen in den Schattenbereichen zu und gleichzeitig moderiert sie auch die intensiven Lichter. Deshalb komme ich hier in diesen Ansichten zu einem dem natürlichen Seheindruck recht nahen Abbild, so wie die Besucher die Gänge erleben, weil das menschliche Auge von Natur aus in der Lage ist, den Kontrastumfang in einer viel besseren Art und Weise auszugleichen als es das Filmmaterial oder auch das digitale Material kann.
Die erwähnte HDR Technik führt mich zu Bildern, die fast ein wenig wie Zebras aussehen.
Schwarz und Weiß wechseln sich ab, gefolgt von Graunuancen. Diese Farbigkeit ist für mich neben diesen anderen beiden Werkgruppen der Gänge sehr interessant, weil dadurch auch die Darstellung der Verschachtelung und auch der Perspektiven in meinen Bildern gelingt. Besonders deutlich wird das, wenn man Aufnahmen des gleichen Motivs zu verschiedenen Tageszeiten, einmal mit weichem, einmal mit hartem Licht aufgenommen, gegenüberstellt.
Zwei Poelzigschüler in der Emigration: Rudolf Hamburger und Richard Paulick zwischen Shanghai und Ost-Berlin (1930–1955) (Hamburger _ China, Polen, Schweiz, Iran, UdSSR) (Paulick _ China) Diese Dissertation befasst sich mit dem Leben und Wirken der beiden Architekten Rudolf Hamburger (1903–1980) und Richard Paulick (1903–1979) während ihrer Emigration zwischen 1930 und 1955. Die Arbeit ist in zwölf Kapitel gegliedert und beinhaltet einen Prolog und Epilog. Im Anhang sind Originaltexte sowohl von Hamburger wie von Paulick, Mitarbeiterlisten der von Paulick betriebenen Firmen in Shanghai, eine Liste der Bühnenbilder von Paulick in Shanghai, die Projektlisten beider Architekten in der Emigration sowie die Literaturliste veröffentlicht. Der Prolog beleuchtet die Situation in der DDR nach der Rückkehr von Paulick und Hamburger aus der Emigration. Unter dem Druck der Partei (SED) mussten beide ihre Biographie erweitern und säubern. Der starke ideologische Hintergrund verhinderte in der DDR zwischen 1950 bis zum Ende 1989 eine ehrliche Aufarbeitung der Emigration und im Falle von Hamburger einen unverstellten Blick auf seine Tortur in den Arbeitslagern (Gulag) der Sowjetunion. Das ersten Kapitel beleuchtet die Herkunft und Ausbildung der beiden, als Studenten bei Hans Poelzig und Hermann Jansen; im Falle von Paulick seine Kooperation mit Georg Muche und seinen Mitarbeit im Büro von Walter Gropius; im Falle von Hamburger seine Mitarbeit als Meisterschüler bei Hans Poelzig und anderen. Auch die Mitgliedschaft der beiden in der 'Gruppe Junger Architekten' (GIA) wird beleuchtet. Rudolf Hamburger kam 1930 als Arbeitsemigrant nach Shanghai und konnte wegen seiner jüdischen Wurzeln nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 nicht nach Deutschland zurückkehren. Er half Paulick 1933 bei der Flucht nach Shanghai, als dieser aus politischen Gründen Deutschland verlassen musste. Die weitere Karriere und das Privatleben bei beiden wurden durch diese Umstände bestimmt. Die Dissertation beleuchtet den sozialen und politischen Hintergrund während ihrer Zeit in der Emigration. Rudolf Hamburger wurde als Architekt für das Shanghai Municipal Council zwischen 1930 und 1937 zu einem wichtigen Protagonisten für die Entwicklung der modernen Architektur in Shanghai, der hier erstmals vorgestellt wird. Neben dieser Arbeit gründete er 1932 die Firma THE MODERN HOME, die 1934 in die Firma MODERN HOME überführt wurde und die zwischen 1937 und 1949 von Richard Paulick unter dem Namen MODERN HOMES weitergeführt wurde. Richard Paulick war auch als Bühnenbildner zwischen 1936 und 1949 an unterschiedlichen Theatern in Shanghai aktiv. Als Professor für Stadtplanung lehrte er zwischen 1943 und 1949 an der St. John’s Universität zum ersten Mal die Prinzipien der Moderne in diesem Feld in China. Er spielte auch eine Schlüsselrolle bei der Stadtplanung für Groß-Shanghai zwischen 1945 und 1949, die nach den Prinzipien der organischen Dezentralisation erfolgte. Die Schwierigkeiten seiner Weiteremigration in die USA oder der Rückkehr nach Deutschland zwischen 1947 und 1949, bis zu seiner Heimkehr in die DDR 1950, bilden den letzten Abschnitt in seinem Fall. Bei Rudolf Hamburger kommt hinzu, dass er in den dreißiger Jahren für den Geheimdienst der sowjetischen Armee (GRU) aktiv wurde. Die Tätigkeit als Architekt nutzte er in der Folge lediglich zur Deckung seiner anderen Aktivitäten. Die Emigration nach Polen, die Schweiz, erneut China, die Sowjetunion und in den Iran (1936–1943) sind immer den Zielen der geheimdienstlichen Tätigkeit untergeordnet. Mit dubiosen Vorwürfen wurde Hamburger 1943 in Moskau konfrontiert und in ein Arbeitslager deportiert, wo er nach Folter und schwierigen Haftbedingungen erst 1952 frei gelassen wurde. Bis 1955 lebte er in der Verbannung in der Ukraine und konnte dann mit der Hilfe seines Freundes Richard Paulick in die DDR einreisen.