300 Sozialwissenschaften
Die Dissertation Staubaufwirbeln oder die Kunst der Partizipation stellt die Frage, ob und inwiefern künstlerische Interventionen zur Aktualisierung und Entwicklung demokratischer Teilhabe beitragen können. Im Zentrum der Untersuchung stehen sechs Projektgruppen, die experimentelle Freiräume gestalten, in denen neue Formen von Demokratielernen, Stadtnutzung, gesellschaftlicher Repräsentation und Symbolpolitik erprobt werden. Die Kunst der Partizipation wird in fünf Dimensionen beschrieben: Initiative, Kollektivität, Inszenierung, Öffentlichkeit und Kooperation. Sie erweitert damit das Repertoire demokratischer Beteiligungsformen sowie gegenwärtige Kunstbegriffe. Ihre heimliche Relevanz besteht darin, sich immer wieder dem Risiko auszusetzen, von allen Seiten als unzureichend betrachtet zu werden. Demokratie konstituiert sich hier als ästhetische Erfahrung. Die Kunst besteht darin, die Flüchtigkeit demokratischer Teilhabe erfahrbar zu machen, also gestaltbar und veränderbar.
Die Planungsforschung hat sich spätestens seit der „kommunikativen Wende“ intensiv damit beschäftigt, wie mit Konflikten umgegangen werden soll und wird. Ansätze der „agonistischen“ Planungstheorie widersprechen der normativen Prämisse, Konsensbildung unter den Planungsbeteiligten anzustreben. Vielmehr wollen sie widerstreitende Positionen normativ für die räumliche Entwicklung fruchtbar machen. Zugleich betonen sie eine vermeintliche Dualität von Planung und Protest, die in der neueren Protesttheorie infrage gestellt wird. Dieser Beitrag zeigt aufbauend auf einer Diskussion von planungs- und protesttheoretischen Ansätzen und einer empirischen Analyse planungsbezogener Proteste in Deutschland, dass diese Proteste von den Planungsakteuren zwar immer stärker als „Normalität“ aufgefasst werden und antagonistische Partizipation trotz zunehmender Konflikthaftigkeit und vermeintlicher Infragestellung der repräsentativen Demokratie kulturell regelgebunden bleibt. Protesthandeln ist Teil ausdifferenzierter „Partizipationsbündel“, die situationsbezogen auch Teilnahme an Beteiligungsverfahren, direktdemokratische Verfahren und Klagen umfassen. Protestierende verfolgen dabei meist eine eher reformorientierte Agenda, die keiner „Zähmung“ bedarf. Allerdings können die zugrunde liegenden Konflikte häufig gar nicht „gelöst“ werden. Planenden hingegen können auch innerhalb eines agonistischen Planungsumfelds rationalistische und deliberative Ansätze zur Verfügung stehen, die sie situationsbezogen und strategisch nutzen.