56.11 Baukonstruktion
Der vorliegende Text beschreibt die intensive Erforschung von Wabenplatten aus Papierwerkstoffen, die durch Faltprozesse neue räumliche Zustände einnehmen können und somit ihr ursprüngliches Anwendungsspektrum erweitern. Die gezeigten Lösungsansätze bewegen sich dabei im Spannungsfeld von Architektur und Ingenieurbau, denn die gefalteten Bauteile sind nicht nur äußerst tragfähig sondern besitzen auch eine ästhetische Form. Die entwickelten Verfahren und Konstruktionen werden auf einem hohen architektonischen Niveau präsentiert und mit einfachen ingenieurtechnischen Methoden verifiziert. Zur Lösungsfindung werden geometrische Verfahren ebenso angewendet wie konstruktive Faustformeln und Recherchen aus Architektur und Forschung.
Der Fokus der Arbeit liegt auf der Untersuchung von Faltungen in Wabenplatten. Während der Auseinandersetzung mit der Thematik erschienen jedoch viele weitere Aspekte als sehr interessant und bearbeitungswürdig. Als theoretische Grundlage dieser Arbeit werden deshalb die geschichtliche Entwicklung und die gesellschaftliche Bedeutung von Papier und Papierwerkstoffen analysiert und deren Produktionsprozesse beleuchtet. Diese Vorgehensweise ermöglicht eine Einordnung des Potentials und der Bedeutung des Werkstoffs Papier. Der Kontext der Arbeit wird dadurch gestärkt und führt zu interessanten zukünftigen Forschungsansätzen.
Intensive Untersuchungen widmen sich der geometrischen Bestimmung von Faltungen in Wabenplatten aus Papierwerkstoffen sowie deren Manifestation als konstruktive Bauteile. Auch die statischen Eigenschaften der Elemente und ihr Konstruktionspotential werden erforscht und aufbereitet. Wichtige Impulse aus Forschung und Technik fließen in die Recherche der Arbeit ein und erlauben die Verortung der Ergebnisse im architektonischen Kontext. Versuchsreihen und Materialstudien an Prototypen belegen die Ergebnisse virtueller und rechnerischer Studien. Konzepte zur parametrischen Berechnung und Visualisierung der Forschungsergebnisse werden präsentiert und zeigen zukunftsfähige Planungshilfen für die Industrie auf. Etliche Testreihen zu unterschiedlichsten Abdichtungskonzepten führen zur Realisierung eines sehenswerten Experimentalbaus. Er erlaubt die dauerhafte Untersuchung der entwickelten Bauteile unter realistischen Bedingungen und bestätigt deren Leistungsfähigkeit. Dadurch wird nicht nur ein dauerhaftes Monitoring und eine Evaluierung der Leistungsdaten möglich sondern es wird auch der sichtbare Beweis erbracht, dass mit Papierwerkstoffen effiziente und hochwertige Architekturen zu realisieren sind, welche das enorme gestalterische Potential von gefalteten Wabenplatten ausnutzen.
Das wohltemperierte Netz - Zum Konstruktiven Entwurf direkt verglaster Stabnetze auf Freiformflächen
(2008)
Direkt verglaste Stabnetze repräsentieren ein strukturell und geometrisch hochgradig variables Prinzip zur Realisierung transparenter architektonischer Freiformflächen. Dieses beinhaltet die funktionale Entkopplung der Fassadenkonstruktion in ein tragendes Stabnetz und eine hüllende Verglasung. Ein formal universales, dimensional variables Knotenelement bildet dabei das Herzstück der Konstruktion. Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Konstruktiven Entwurf frei geformter, direkt verglaster Stabnetze. Dieser umfasst schwerpunktmäßig die formale und dimensionale Konzeptionierung der Knotenelemente. Er wird maßgeblich beeinflusst von der Dimensionalitätsdifferenz zwischen dem formbeschreibenden Flächennetz aus nulldimensionalen Knoten und eindimensionalen Kanten sowie dem Stabnetz aus dreidimensionalen Knoten bzw. Stäben. Darüber hinaus definieren das freiformbedingte Erfordernis einer unikaten Ausrichtung der Stabnetzelemente sowie die materialspezifische Anforderung einer zwängungsfreien Lagerung der Gläser weitere dominante Einflussgrößen im Entwurfsprozess. In der Arbeit werden zunächst die geometrischen und konstruktiven Randbedingungen des Konstruktiven Stabnetzentwurfs dargestellt. Darauf aufbauend wird ein Zylinder-Achsen- Modell entwickelt, welches die unikate lokale Situation am Knoten unter Berücksichtigung einer variablen Ausrichtung der Stabnetzelemente sowie beliebig polygonaler Stabquerschnitte abstrahiert. Die Modellierung ermöglicht eine Bewertung des knotenbezogenen Status unter konstruktiven und mechanischen Aspekten. Sie bildet somit die Grundlage für eine Konstruktive Optimierung direkt verglaster Stabnetze. Mit Hilfe des Zylinder-Achsen-Modells werden alle bisher bekannten Prinzipien zur Ausrichtung der Stabnetzelemente analysiert. Dabei offenbaren sich verschiedene Defizite. Zu deren Überwindung werden drei neuartige Lösungsansätze entwickelt. Eine alternative Methode dient folglich zur Bestimmung einer konstruktiv optimierten Ausrichtung der Knotenachse. Ein zweiter Ansatz zielt auf die Definition einer neuartigen Stablängsbezugsachse, welche unabhängig von der Flächenkrümmung eine zwängungsfreie Lagerung der Glaselemente gewährleistet. Schließlich ermöglicht das dritte innovative Prinzip die konsistente Bestimmung einer Stabquerachse auch bei nicht ebenen Viereckmaschen.