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SOS-Signale auf hoher See, Klopfzeichen in Trümmerfeldern, Flaschenposten am Strand: Wenn Menschen in Not geraten, müssen sie mit allen Mitteln auf sich aufmerksam machen. Sie müssen Lebenszeichen senden, um am Leben zu bleiben. Dieses Buch erforscht das Phänomen des Lebenszeichens erstmals aus der Perspektive von Medienkulturwissenschaft, Zeichentheorie und Existenzphilosophie. Anhand zahlreicher Katastrophenszenarien wie Erdbeben, Lawinen und Bergwerkunglücken zeigt die Studie, warum Menschen in Not existenziell von Medien und Kommunikationsmitteln abhängen: Keine Lebenszeichen ohne Signalfackeln, Peilsender, Satelliten oder Infrarotsensoren. Medien in Notfällen sind mehr als nur Mittel zur Kommunikation, sie sind Bedingungen menschlicher Existenz. Sie entscheiden, ob und wie sich Leben in Not äußern kann, ob Lebenszeichen Gehör finden und ob Leben gerettet wird. Damit werfen Lebenszeichen ein neues Licht auf die elementaren Bedingungen menschlichen Lebens: Sie zeigen uns, dass Menschen in Not nur überleben, wenn sie mit Artefakten, Netzwerken und Infrastrukturen verbunden sind, die ihre Existenz ermöglichen.
Überwachungspraktiken und –technologien sind in der heutigen Welt omnipräsent und wohl nicht mehr wegzudenken. Ob CCTV-Systeme, Biometrie oder Data Mining – unsere Gesellschaft befindet sich in einem ständigen Überwachungsmodus, der sich weit über einen begrenzten Raum oder zeitlichen Rahmen hinausstreckt. Überwacht wird überall: privat, am Arbeitsplatz oder im Cyberspace, und alles: Interaktionen, Äußerungen, Verhalten. Es werden Unmengen von Daten gesammelt, strukturiert, kombiniert, gekauft und verkauft.
Dieser Modus stellt mehr als eine bloße Neuauflage des Bentham-Foucaultschen Panoptikons dar: der aktuelle Überwachungsmodus, die informationelle Asymmetrie als ihren tragenden Pfeiler beibehaltend, dient nicht nur der Disziplinierung, sondern viel mehr der Kontrolle, die nicht primär negativ-sanktionierend, sondern positiv-leistungssteigernd wirkt: es ist nicht das Ziel, die Individuen zu bestrafen und ein bestimmtes Verhalten zu verbieten, sondern sie durch Belohnung, Interaktion und spielerische Elemente dazu zu bringen, sich auf die gewünschte Art zu verhalten und im Endeffekt sich selbst zu überwachen. Die Kontrolle wird auf diese Weise zum zentralen Schauplatz der Machtausübung, die sich über das Beobachten, Speichern, Auswerten und Sortieren vollzieht. Diese Prozesse hinterlassen keinen Frei- oder Spielraum für Ambiguität; sie verwirklichen die Diktatur der klaren Kante, der Klassifizierung und Kategorisierung ohne Schattierungen. Die Macht selbst befindet sich in einem kontinuierlichen Fluss, sie ist ubiquitär, dennoch schwer lokalisierbar. Sie fungiert nicht mehr unter dem Signum einer pseudosakralen zentralen Instanz, sondern wird durch diverse Akteure und Assemblages kolportiert. Die durch sie implizierten Praktiken der Selbstkontrolle, kulturgeschichtlich ebenfalls religiös oder zumindest philosophisch konnotiert, sind die neuen Rituale des Sehens und Gesehen-Werdens.
Im Zeitalter der elektronischen Datentechnologien gibt es diverse Agenten der Überwachung. Vom besonderen Interesse sind dabei die Wearables, weil sie intim, affektiv und haptisch arbeiten und so, über das Sehen und Gesehen-Werden hinaus, das Berühren und Berührt-Werden und somit die Neuregulierung von Nähe und Distanz ins Spiel bringen. Sie schreiben sich zwar in eine Vermessungstradition eins, die ihre Ursprünge mindestens im 19. Jahrhundert hat, unterscheiden sich aber von dieser in ihrer Intensität und Sinnlichkeit.
Im Südwesten Weimars befindet sich ein leerstehender Gebäudekomplex, der im Stadtraum heute unter dem Namen Funkhaus und vor allem für studentisch organisierte Partys bekannt ist. Doch das Gebäude entstand ursprünglich nicht als Radiostation, sondern zwischen 1937 und 1944 als Prestigeprojekt des nationalsozialistisch zugespitzten Nietzsche-Kults. Diese Projektarbeit beleuchtet anhand von Archivalien und Expertinneninterviews die Nutzungsgeschichte der ehemaligen »Nietzsche-Gedächtnishalle« und wirft die Frage auf, ob und wie ein solcher NS-Bau als Partylocation genutzt werden kann.
Experimente lernen, Techniken tauschen
Ein spekulatives Handbuch
Das spekulative Handbuch bietet vielfältige Techniken für ein radikales Lernen und Vermitteln. Es umfasst konkrete Anleitungen, Erfahrungen und theoretische Überlegungen. Die Texte beteiligen sich an der Konzeption einer Vermittlung, die das gemeinsame Experimentieren (wieder) einführt.
Im Seminarraum, in Workshops, auf Festivals, in Fluren, Parks und der Stadt finden Lernen und Verlernen statt. Texte und Anleitungen u. a. zu: Filmessays, Collagen, Banküberfällen, der Universität der Toten, wildem Schreiben, konzeptuellem speed Dating, neurodiversem Lernen, Format-Denken, dem Theater der Sorge, dem Schreiblabor, dem Körperstreik.
Das spekulative Handbuch bietet vielfältige Techniken für ein radikales Lernen und Vermitteln. Es umfasst konkrete Anleitungen, Erfahrungen und theoretische Überlegungen. Die Texte beteiligen sich an der Konzeption einer Vermittlung, die das gemeinsame Experimentieren (wieder) einführt.
Im Seminarraum, in Workshops, auf Festivals, in Fluren, Parks und der Stadt finden Lernen und Verlernen statt. Texte und Anleitungen u. a. zu: Filmessays, Collagen, Banküberfällen, der Universität der Toten, wildem Schreiben, konzeptuellem speed Dating, neurodiversem Lernen, Format-Denken, dem Theater der Sorge, dem Schreiblabor, dem Körperstreik.
In dieser Untersuchung wird eine Geschichte von Problemen der Gleichzeitigkeit zwischen Sehen und Hören, beziehungsweise der Synchronität von Bild und Ton, bis zur Entstehung des Tonfilms rekonstruiert. Dabei werden Linien gezogen zwischen diskursiven Konfigurationen und medialen Anordnungen, in denen das Verhältnis von Sehen und Hören oder Bild und Ton als zeitliches erscheint – in denen Sehen und Hören, Bild und Ton zwischen Mannigfaltigkeit und Einheit verschmelzen, auseinanderfallen, interagieren, redundant oder spezifisch werden, einander ergänzen, dominieren, verfehlen verdrängen, aufspalten…
Tonfilm ist in der Kinogeschichte eben nicht nur eine Ergänzung. Vielmehr ähnelt er dem Auftritt eines Gespensts, das das Wissen und die Techniken der Trennung der Sinne schon länger, vielleicht schon immer begleitet hatte. Das Auftreten des Tonfilms ist auch überhaupt früher Anlass eines weitreichenden Diskurses darüber, was Audiovision eigentlich sein könnte und sollte. Noch allgemeiner könnte auch davon gesprochen werden, dass Tonfilm eins der ersten großen Projekte der Konvergenz technischer Medien ist, die heute – besonders angesichts des Computers – als entscheidender Aspekt von Mediengeschichte erscheint.
Die Linien der Probleme von Gleichzeitigkeit/Ungleichzeitigkeit an den Schnittstellen von Wissen, Technik und Ästhetik werden insbesondere durch drei Felder hindurch nachgezeichnet:
1) Die Geschichte von Intermodalität in Bezug auf die Frage nach Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit als Problem und Gegenstand von Wissenschaft seit dem 19. Jahrhundert, vornehmlich in zwei Gebieten: Als Fehlerquelle im astronomischen Observatorium bei der Messung, Feststellung und Vereinheitlichung von Raum und Zeit, die auf individuelle Abweichungen Intermodaler Wahrnehmung verweist und als Problem der „persönlichen Gleichung“ weit über die Astronomie hinaus Karriere macht. Als heiße Zone wahrnehmungspsychologischer Experimente und ihrer Apparate seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, die mit dem Konzept der „Komplikation“ Fragen nach einer Synthese der Sinneswahrnehmungen und damit letztlich nach der Selbstgegenwart des Menschen stellt.
2) Eine Technikgeschichte des Problems auditive und visuelle Zeitmedien – wie Phonograph und Film – zu koppeln, zu synchronisieren. Darin eskalieren zwei zeitkritische Relationen: Einerseits zwischen diskreter, intermittierender Bewegung des Films und stetiger, kontinuierlicher Bewegung des Phonographen, andererseits in Bezug darauf, an welcher Stelle – wo und wann – audiovisuelle Gegenwart des Kinos ensteht; oder auch verfehlt wird.
3) Eine Geschichte von Filmtheorie und -ästhetik, in der sich mit der Durchsetzung des Tonfilms um 1930 die Frage stellt, was dieses neue Medium sei und was damit zu tun. Diese Verhandlungen spannen sich zwischen dem formulierten Ziel einer spezifischen Illusion oder Präsenz von Tonfilm durch Synchronität auf der einen Seite und der sich aus dem Verdacht des Betrugs durch Synchronität ergebenden Forderung nach „Asynchronismus“ als kritischer Methode auf der anderen Seite auf.
Ausgehend von der These, dass im 19. Jahrhundert die Sinne aufgeteilt werden, dann wird in diesen Anordnungen an irgendeiner Stelle Heterogenes gleichzeitig passieren. An welcher Stelle? Und was bedeuten diese (Un-)Gleichzeitigkeiten? Was dabei - sehr allgemein gesprochen - auf dem Spiel steht, sind Möglichkeiten einer audiovisuell geteilten – getrennten oder gemeinsamen - Welt und Gegenwart.
Medien/Denken/Um/Formatieren
(2020)
Die medienwissenschaftliche Praxis des Um / Formatierens wurde im Wintersemester 2017 / 18 mit vierzig Bache- lor-Studierenden der Medien-, Theaterwissenschaft und den Gender Studies entwickelt und erprobt. Inhalt des Seminars waren konkrete mediale Standardformate, wie z. B. die Carte de Visite, die Schallplatte, der 16- oder 35mm Filmstreifen, digitale Dateiformate, wie das JPEG, GIF, MP3, die Videokassette oder auch Papierformate wie DIN A0 oder A8.
Media anthropology is a new and interdisciplinary field of research with very different subjects and methods that seems to be already heavily informed by a comparatively narrow understanding of media as mass media (e.g. TV, Internet, social web, etc.). Therefore, most theories in this field, at least implicitly, employ a hierarchical and often dichotomic preconception of the two poles of media-human relations, by analysing the operationalities and ontologies of the human and the media independently from one another. This article deviates from this line of thought by advocating an expanded, symmetrical and relational understanding of the terms media and human, taking them as always already intermingled facets of a broader dynamic configuration. Starting from a consideration of the historically powerful, yet overlooked media of the so-called habitat diorama, the heuristic concept of “anthropomediality” is to be developed. Eventually, this relational approach may open up a new, interesting field for interrogation of (media-)anthropological analysis in general.
Medien sind keine "Begriffe"
(2011)