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Diese Dissertation befasst sich mit den technischen und institutionnellen Grundlagen einer Politik des audiovisuellen Gedächtnisses in Frankreich und Deutschland. Es wurden exemplarisch das Nationalinstitut für Audiovision (Paris), die Deutsche Mediathek Berlin als auch einige Archive der ARD-Rundfunkanstalten (SWR) und schliesslich das SAT1 Nachrichtenarchiv untersucht. Ein Hauptanliegen war, inwieweit digitale Technologien die Zugänglichkeit als auch die Selektionspolitik von fernsehdokumenten neu definieren. Schliesslich wurde die Tragfähigkeit des Archivbegriffs im digitalen Zeitalter hinterfragt.
Das zentrale Problem der Arbeit ist die Untersuchung der Rolle von Orten und Räumen für die Evolution bestimmter visueller Medien im 19. Jahrhundert. Die historische Schwelle wird mit der Erfindung des Panoramas, der Geburt der Passage und der Reform der Bibliothek um 1800 markiert. Ausgehend von der Systemtheorie Luhmanns und dem französischen Poststrukturalismus (Baudry, Lyotard, Foucault) entwickelt die Arbeit dazu einen Begriff des Dispositivs, der zur Untersuchung des Verhältnisses von Objekt, Betrachter und Apparat verwendet wird. Im Mittelpunkt steht dabei das Wechselverhältnis von Wahrnehmung und Kommunikation. Mit Bezug auf Kants »Kritik der Urteilskraft« wird dabei ein neuer Vorschlag für den Code des Kunstsystems – gestaltet/nicht gestaltet – entwickelt. Die zentralen Begriffe für die Definition des Dispositivs sind Abschirmung, Distanzierung und Inszenierung. Damit wird der Versuch unternommen, die Frage des Raumes in der Systemtheorie zu klären. Die historische Analyse beschreibt die Entwicklung vom Theater zum Kino im 19. und frühen 20. Jahrhundert und fokussiert dabei vor allem auf das Festspielhaus Wagners in Bayreuth. Abschließend wird der Beitrag der Warenhäuser und des Schaufensters zur Evolution des Wirtschaftsystems untersucht.
Wolken modellieren
(2005)
Wolkenformationen und ihre Verwandlungen auf bilddigitalem Weg zu simulieren und in klimatologische Studien zu integrieren, ist eine der komplexesten Aufgaben der aktuellen Umweltphysik. Die Schwierigkeit erklärt sich zum einen sicherlich aus der Konturlosigkeit der nebulösen Gebilde - ihre formale Instabilität und dynamische Prozessualität widerspricht und widersetzt sich der Prognosetätigkeit der Meteorologen bzw. Klimatologen. Immer wieder stellt sich dabei die Frage nach der Codier- und Fixierbarkeit der diffusen Formverläufe, nach der Umrissbildung und Bestimmung eines prinzipiell ungeklärten Figur-Grund-Verhältnisses. Im Folgenden soll die Problemstellung komplexer Simulationstechniken auf klimatologische Bildgebungsverfahren angewandt werden. ...
Eignet sich das perspektivische System zur Repräsentation von Phänomenen, die die gewohnten Maße der menschlichen Ordnung sprengen? Anders gesagt: Bieten göttliche Handlungen, die diese Welt auf das Jenseits hin öffnen, und allgemeiner mystische - oder sogar nur physische - Begegnungen zwischen Himmel und Erde, bieten sie Stoff zur Repräsentation? ...
'Vielleicht sollten wir aufhören, darüber zu streiten, ob die dräuenden, jagenden Wolken seiner Bergfilme die gleichen waren, aus denen Hitlers Flugzeuge am Anfang des Reichsparteitagsfilms nach Nürnberg herabschwebte.' Dieser Stoßseufzer Matthias Fancks, seines Zeichens Enkel des berühmtesten Protagonisten des Genre Bergfilm in der Weimarer Republik, Dr. Arnold Fanck, dürfte auf absehbare Zeit seiner Erfüllung harren. Als zu wirkungsmächtig hat sich jenes Verdikt erwiesen, das hier zugleich noch einmal aufgerufen wird, nämlich Siegfried Kracauers (retrospektive) Deutung des Bergfilms Fanck'scher Prägung - und auch und besonders deren Wolkenbilder - als einer Präfiguration faschistischer Ästhetik, wie sie in dem als >messianische Ankunft< inszenierten Flug Hitlers durch die Wolkendecke über Nürnberg in Leni Riefenstahls einschlägigem Propagandafilm ihren sinnfälligen Kulminationspunkt gefunden habe ...
Alles beginnt in Francis Ford Coppolas 'Bram Stokers's Dracula' mit, alles emergiert aus der Wolke: rechte Hälfte der Einstellung hell, linke dunkel, wölkt sich Dunst um die Kuppel mit dem christlichen Steinkreuz, verdichtet, schickt sich an, den Buchstaben des Gesetzes der westlich-abendländischen Hemisphäre zu verschlingen, schluckt ihn schließlich ganz, bevor das aufgerichtete Kreuz, paradigmatisches Zeichen des Christentums; Phallus, herausragender Signifikant des Symbolischen und damit der Ära der bewegten Lettern Gutenbergs, auf rotem Grund zerschellt. ...
In der Gründerzeit der amerikanischen Filmindustrie gab es ein paar Jahre, in denen Hollywood geradezu im Raum schwelgte: in den Weiten der vielfältigen kalifornischen Landschaft und in den stetig wachsenden Ausmaßen der dort gebauten Kulissen, als deren Höhepunkt das Babylon-Set für D. W. Griffiths 'Intolerance' (USA 1916) gelten kann. Noch war das Zelluloid zu lichthungrig und die Scheinwerfer zu schwach, um die Aufnahmen vollständig in den ebenso begrenzten wie kontrollierbaren Innenraum der barackenhaften Filmstudios zu verlegen. Aber auch wenn die technische Entwicklung diesen Schritt bald ermöglichte, stand ihm das Verlangen des jungen Mediums entgegen, seine Eigenständigkeit gegenüber Kammerspielen des Theaters unter Beweis zu stellen. ...
Wolken über Las Vegas
(2005)
Die Wahnvorstellung namens 'Sex-Bombe' ist ein Produkt des Kalten Krieges und wie er sich in Schwimmkostümen offenbarte - will sagen: in Bikinis. Am 1. Juli 1946 warf eine B-29 eine Atombombe auf das pazifische Atoll namens Bikini. Militärische Beobachter aus verschiedenen Ländern einschließlich der Sowjetunion sahen von entfernten Schiffen, wie die 'mushroom cloud' über dem evakuierten Eiland aufstieg. Unbemannte, radargesteuerte Flugzeuge mit automatischen Filmkameras an Bord flogen in die nukleare Wolke hinein - als ob es möglich sei, Bildmaterial zu liefern vom Ort der Auflösung alles Materiellen. ...
Schleierwolken des Realen
(2005)
In seinem XX. Seminar hat Jacques Lacan ein Modell vorgeschlagen, zu dem seine eigenen Erläuterungen relativ kryptisch blieben. An den Ecken eines Dreiecks sind die drei Kategorien des Symbolischen, des Imaginären und des Realen angeordnet, an den Seiten des Dreiecks finden sich drei Reste des Realen ... Die Wolke, so wie sie im Folgenden auftritt, lässt sich dem Kontinuum des Realen zuordnen, das im Symbolischen nicht aufgehen kann. Über die drei realen Reste wird es aber möglich, in einzelnen historischen Episoden Wolkeneffekter auszumachen und zu benennen. ...