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Wissenschaftliches Kolloquium vom 27. bis 30. Juni 1989 in Weimar an der Hochschule für Architektur und Bauwesen zum Thema: ‚Produktivkraftentwicklung und Umweltgestaltung. Sozialer und wissenschaftlich-technischer Fortschritt in ihren Auswirkungen auf Architektur und industrielle Formgestaltung in unserer Zeit. Zum 100. Geburtstag von Hannes Meyer'
Die Altstadt von Sana´a ist von solchem außergewöhnlichen Interesse und hat durch die Aufnahme in die Welterbeliste einen derartig hohen Wert zugesprochen erhalten, daß ihr Schutz in der Verantwortlichkeit der gesamten Menschheit liegt; zugleich aber stehen Denkmalpfleger, Architekten, Stadtplaner und Betroffene vor einer äußertst komplizierten Aufgabe. In diesem Zusammenhang versucht der Verfasser, sich mit den realen Gegebenheiten in der Altstadt von Sana´a auseinanderzusetzen, und zwar unter denkmalpflegerischem Aspekt - das aber unter Beachtung der Problembreite, die dem modernen Denkmalbegriff entspricht. Das erfolgt mit der Zielstellung, über die mit "Sanierung" gesetzten Begrifflichkeiten hinaus einen Beitrag zu liefern, der tatsächlich einer Synthese von Erhaltungs- und Veränderungserfordernissen Aussicht auf Verwirklichung verleihen könnte. Die gegenwärtige Problematik der Bewahrung der Altstadt als lebendigen Organismus erfordert eine bestmögliche Behandlung nach den in der Arbeit formulierten Anregungen für die Theorie und Praxis denkmalpflegerischer Zielstellungen. Es werden die Ergebnisse der denkmalpflegerischen Analytik - der historiologischen, der axiologischen und Schadens- und Mangelanalyse - mit aktuellen Nutzungsanforderungen in konkrete Beziehung gesetzt und daraus Schlußfolgerungen für Zielstellungen einer Gesamtkonzeption gezogen. Erstmals erfolt eine Außeinandersetzung mit der denkmalpflegerischen Methodik in ihrer gesamten Breite mit konkretem Bezug auf die Stadt Sana´a, eine Auseinandersetzung mit dem vorhandenen "Altstadtprogramm", um Grundsätze und Erwägungen zu qualifizieren, eine Erhaltungskonzeption der Altstadt zu formulieren.
Die elektronische Virtualisierung von Baudenkmalen ist neues, außergewöhnlich vielfältiges medientechnisches Phänomen; es beschreibt die ursprüngliche Form substanziell-realer Baudenkmale, transformiert sie von einer abstrakten Beschreibung in Wort und Bild in eine immaterielle Realität. Die Dissertation versucht Antworten zu geben auf folgende Fragen: Ist die elektronische Virtualisierung eine Methode der Stimulation der Öffentlichkeit im Umgang mit Baudenkmalen? Ist das elektronisch virtualisierte Baudenkmal ein immaterielles Zeugnis der Kulturgeschichte in der Zukunft? Ist das substanziell-reale und das virtualisierte Baudenkmal uneingeschränkt gegenseitig austauschbar, ist ersteres durch letzteres ersetzbar? Die Beantwortung der Fragen hängt ab von den Stufen der Perfektion der elektronischen Virtualsierung von Baudenkmalen.
Lettenkeuper- und Schilfsandsteine sind in Thüringen weit verbreitet und wurden häufig als Werk- und Bildhauersandsteine verwendet. Die überwiegend tonig-ferritisch gebundenen Steine sind stark witterungsanfällig. Inzwischen droht ein unwiederbringlicher Substanzverlust an vielen denkmalpflegerisch wertvollen Gebäuden und an plastischen Bildwerken. Die Dissertation gibt einen Überblick über die Vorkommen, Eigenschaften und Schadbilder dieser Sandsteine in Thüringen. Konservierungsmaßnahmen, die in Thüringen in den vergangenen 20 Jahren an Lettenkeuper- und Schilfsandsteinen vorgenommen wurden, werden ausgewertet und neue Erkenntnisse zur Konservierung dieser Sandsteine vorgestellt.
Viele Baudenkmale sind dem Konflikt aus baulichem Instandsetzungsbedarf für eine zeitgemäße Nutzung und einer sich möglicherweise daraus ergebenden Gefährdung der Denkmalsubstanz ausgesetzt. Gründe sind steigende Energiekosten für den Gebäudebetrieb, zeitgemäße Anforderungen an Behaglichkeit und Arbeitsschutz, sowie die Vermeidung von Schäden an der Substanz aufgrund baulicher Mängel des konstruktiven Wärme- und Feuchteschutzes. Gleichzeitig gilt für viele Bauten aber auch die Notwendigkeit regelmäßiger Nutzung und Bewirtschaftung, um den Erhalt überhaupt zu sichern. Die energetische Ertüchtigung von Baudenkmalen scheitert in diesem Spannungsfeld oft am unlösbaren Konflikt zwischen dem Erhalt der bauzeitlichen Substanz auf der einen und der notwendigen energetischen Optimierung der Gebäudehülle auf der anderen Seite. Zielsetzung dieser Fallstudie ist die beispielhafte Entwicklung einer bauklimatischen und denkmalgerechten Ertüchtigungsstrategie am Beispiel eines Verwaltungsgebäudes der Nachkriegsmoderne als Beitrag zur Lösung dieses Konfliktes.
Das Waldhufendorf Nakléřov (Nollendorf) gehört, wie eine Vielzahl weiterer Orte im bis 1945 hauptsächlich von deutschsprachiger Bevölkerung besiedelten tschechischen »Grenzgebiet«, zu jenen Orten, die heute aus der Perspektive verschiedener Akteure als verschwunden oder untergegangen beschrieben werden. Auf Grund ihres allgegenwärtigen fragmentarischen Erhaltungszustands und der oft fehlenden Bausubstanz scheinen sie bei einer oberflächlichen Schau nicht als Interessensgebiete der Denkmalpflege in Frage zu kommen. Untersucht man sie mit den wertneutralen Analyse- und Inventarisierungsverfahren der Angewandten Historischen Geografie, so kommt man zu einem differenzierteren Ergebnis, das zum einen die Darstellung als verschwundene Orte fragwürdig erscheinen lässt und zum anderen zu einer Neufokussierung des Aspekts der Abwesenheit aus denkmalpflegerischer Sicht führt. Im Verlauf der Bestandsaufnahme der gegenwärtigen materiellen Verfasstheit des paradigmatisch untersuchten Ortes, der Gesamtschau des Noch-Vorhandenen als komplexem Netz unterschiedlichster Indizien, die sowohl auf historische Tiefenschichtungen als auch auf Abwesenheiten verweisen, hat sich gezeigt, dass der Ort Nakléřov über vielfältige Relikte und Spuren verfügt, die auf seine Entstehung sowie unterschiedliche historische Epochen und Zäsuren verweisen. Basierend auf dem Palimpsest als Vorstellungsgerüst und der Spurensuche als Leitmotiv einer verräumlichten Geschichtsschreibung führte der am Ort erprobte mikrohistorische Blick zu einer geschärften Perspektive auf verborgene und verschwundene Schichten und Objekte, auf sich räumlich ausdrückende Machtverhältnisse und politische Zäsuren.
Zur Veranschaulichung wurden verschiedene Möglichkeiten einer GIS-basierten kartografischen Erfassung aufgezeigt, die der Besonderheit einer Landschaft der Leerstellen des 20. Jahrhunderts mit der Wüstung eines Ortes vor dem Hintergrund der Zwangsmigration der deutschen Bevölkerung und des politischen Regimewechsels nach 1945 gerecht werden sollte. In Fortführung der Denkanstöße von Norbert HUSE, den denkmalpflegerischen Leistungsbegriff in Frage zu stellen und auch Orte der Abwesenheit hinsichtlich ihrer potentiellen Denkmalwertigkeit zu hinterfragen, sowie in Anknüpfung an das Konzept der European Landscape Convention (2004), auch Landschaftsschäden und die Vergegenwärtigung nicht mehr vorhandener Landschaftscharakteristika in die Inventarisierung einzubeziehen, wurde im Untersuchungsgebiet der Kartierung stark geschädigter und verschwundener Bereiche und Objekte besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Den Ausgangspunkt bildete die Bestandsaufnahme der Kulturlandschaftselemente mit historischem Zeugniswert, die unabhängig von Kriterien wie Schönheit oder kunsthistorischer Wert erfasst wurden. Auf der Chronotop-Karte hingegen wurde die Genese des Ortes zurückverfolgt. Das gleichzeitige Nebeneinander ungleichzeitiger Elemente wurde in verschiedenen räumlichen Ausschnitten hinsichtlich seiner Entwicklungsgeschichte analysiert, historisch kontextualisiert und auf Kontinuitäten und Zäsuren hin überprüft. Dabei stand nicht die Eruierung eines kulturlandschaftlichen »Urtextes« im Fokus, sondern das Herausarbeiten von Zeitschichten. Eine Gründung als Waldhufendorf von deutschen Siedlern um 1100, wie in den Dorfchroniken kolportiert, war nicht nachweisbar. Zu belegen ist, dass sich das im Kern mittelalterliche Dorf mit einer spätestens in der ersten Hälfte des 17. Jh. planmäßig angelegten Waldhufenstruktur bis zur Zäsur von 1945 über ca. 350 Jahre in dieser Form auch weiterentwickelt hat.
Mit der Zwangsmigration der deutschsprachigen Bevölkerung verschwand das »Pflegepersonal« der Kulturlandschaft. Auch durch die nachfolgende genossenschaftliche und militärische Nutzung veränderte sich der Ort flächendeckend. Die kleinteilige und durch pflanzliche Diversität gekennzeichnete Bewirtschaftung wich unter den neuen sozio-ökonomischen Bedingungen einer monokulturellen Flächenbewirtschaftung. Während die Teile des Flurbildes, die in funktionalem Zusammenhang mit der dörflichen Siedlung standen, größtenteils verloren gegangen sind, wurde der Charakter des Verkehrskorridors hingegen noch verstärkt. Der 1938 geplante Autobahnabschnitt auf der Trasse des prähistorischen Nollendorfer Passes wurde zu Beginn des 21. Jh. als Teil der A17 realisiert. Die zentrale Lage in einer Transitlandschaft erwies als entscheidend für die Entwicklung des Dorfes. Neben der Bedeutung als Handels- und Poststraße war die durch den Ort führende Querung des Osterzgebirges militärstrategisch wichtig und wurde im Verlauf verschiedener Kriege spätestens ab dem 11. Jh. bis 1945 rege genutzt. Mehrfach wurden Teile des Dorfes zerstört, doch im Gegensatz zur Zäsur nach 1945 erfolgte stets ein Wiederaufbau. Ernsthafte Bemühungen einer Neubesiedlung im Zuge der Wiederbesiedlungspolitik im Grenzgebiet sind nicht zu verzeichnen. Vielmehr wurden fast 90% des Gebäudebestands zwischen 1949–1964 als Abbruchhäuser verkauft oder dem Verfall überlassen.
Heute existieren in Nakléřov bauliche Zeugnisse in unterschiedlichen Erhaltungsgraden, die im Zusammenhang mit verschiedenen Phasen der Expansion, Stagnation und Regression in der Siedlungsentwicklung zu sehen sind. Die historische Bedeutung des Ortes ist nicht allein aus seiner fragmentarisch erhaltenen Gebäudesubstanz abzuleiten, sondern liegt in der Kontinuität der Gebäudestandorte und der Verbindung von Flur und Bauparzelle. In einem Waldhufendorf stellen die Lesesteinwälle das materialisierte Ordnungsgefüge dar. An ihnen wird der Dorfgrundriss mit seiner Parzellenstruktur erkennbar, der zur ältesten materiellen geschichtlichen Überlieferung auf dem Lande gehört. Die bauliche Substanz tritt in ihrer Bedeutung in den Hintergrund, wird zum Inventar, das auf Grund besonderer Rahmenbedingungen ausgetauscht wird. Vielmehr ist es in Nakléřov das durch die Lesesteinrücken markierte Nichtmehrvorhandensein vieler baulicher Strukturen, das als Bestandteil des historischen Zeugniswertes des Ortes zu bewerten ist. Die Lesesteinrücken sind nicht nur Spuren im Sinne von siedlungsgeschichtlich relevanten Überresten, sondern zugleich auch Spuren im Sinne von materiellen Anhaltspunkten, die Abwesenheit bezeugen und über das impulsgebende Potential verfügen, diese Abwesenheit zu hinterfragen und dem spurenbildenden Geschehen nachzuspüren. Das für Nakléřov prägnante ubiquitäre Zusammenspiel von an- und abwesenden Objekten wurde auf einer eigens entwickelten, auch auf andere Orte (im Grenzgebiet) übertragbaren Kartierung (KE) festgehalten, in der die Materialströme 1945–2012 dokumentiert wurden. Aktuell durch materielle Konstellationen markierte Orte der Leere wurden dechiffriert, indem Relikte nach Zeitschichten gestaffelt mit Visualisierungen verschwundener Objekte hinterlegt wurden.
Die über materielle Überreste transportierte Erfahrung von Abwesenheit wird auch an scheinbar kontext- und funktionslosen Elementen deutlich. Dazu gehört in Nakléřov z.B. ein Parkplatz, dessen Verwendungszweck zwar eindeutig ist, wohingegen sich seine Funktion an diesem Ort nicht ohne Hinzuziehung von Quellen erschließt. Ihn als Erwartungen störendes Element, dem eine »verdächtige Abwesenheit« inhärent ist, aufzufassen und als unabsichtliche Hinterlassenschaft zu hinterfragen, hat den Anstoß zur erinnerungskulturellen Dechiffrierung der banal anmutenden Fläche gegeben. Das Weiterverfolgen seiner Spur hat verschiedene Strategien der Verdrängung von erinnerungsstützenden und wahrnehmungslenkenden Artefakten und Zeichensetzungen sowie das dynamische und teils antagonistische Beziehungsgeflecht der sich in diesem räumlichen Ausschnitt befindlichen Objekte offengelegt. Neben Beschriftungen an einem Aussichtsturm und einem Schlachtendenkmal, deren Wechsel sich verändernde gesellschaftspolitische Bedingungen des 20. Jh. reflektieren, ist es ein »dichter Ort«, dessen geografische Lage zum Versuch einer gedächtnispolitischen Umcodierung und räumlichen Verankerung eines neuen Geschichtsnarrativs geführt hat. Der heute durch ein Holzkreuz markierte Ort war 300 Jahre lang Standort einer sakralen Landschaftsdominante, die 1975 in Vorbereitung der Installation eines Sowjetdenkmals gesprengt wurde. Die Planungsunterlagen belegen, dass ein Zulassen räumlich sichtbarer Erinnerungskonkurrenzen auszuschließen war und eine politisch motivierte Neubesetzung des Ortes unter besonderer Berücksichtigung seiner in die Landschaft ausgreifenden Raumwirkung angestrebt war. Einer der wenigen materiellen Überreste, die auf die Geschichte zur Errichtung des größten Sowjetdenkmals in Nordböhmen verweisen, ist der Parkplatz. Vor allem an diesem Beispiel hat sich auch gezeigt, dass der sich aus einem feinen Gespinst unterschiedlichster materieller Konstellationen zusammensetzende Ort als Geschichtsquelle nur bedingt anschaulich und »lesbar« ist. Neben die Bestimmung des historischen Zeugniswertes des Untersuchungsgebietes durch kartierte und »erzählte Geschichte« trat so zwangsläufig auch der Subtext einer Beschreibung des Prozesses der Spureninterpretation.
Dieser »dichte Ort« ist heute ein Ort aktiver objektgebundener Gedenkpraktiken, der durch eine Koexistenz von Erinnerungssträngen gekennzeichnet ist und von unterschiedlichen Akteuren genutzt wird. Die zweisprachige Tafel am Schlachtendenkmal, Pläne zur Wiedererrichtung des Aussichtsturms und zu Baumaßnahmen unter Berücksichtigung der historischen Siedlungsstruktur deuten auf eine wachsende Akzeptanz des kulturhistorischen Erbes der deutschsprachigen Bevölkerung hin. Auch verschiedene tschechische Projekte zur Dokumentation des Grenzgebiets, einschließlich der Erfassung dessen, was zerstört oder nur noch in Überresten vorhanden ist, belegen die Bereitschaft, sich mit der Geschichte der Landschaft auseinanderzusetzen. Orte, an denen die Erfahrung von Abwesenheit und Leere auf den flächendeckend offensichtlichen Bruch im Grenzland verweist, beinhalten das Potential als »storyscape« zu fungieren und ein an den Raum rückgebundenes Erzählen von erinnerungskulturell und sozial bedeutsamen »Geschichten« zu initiieren. Der mögliche Denkmalwert eines Ortes wie Nakléřov als repräsentativer und zugleich singulärer Bestandteil einer historischen Kulturlandschaft besteht in seinem Vermögen, Fragen aufzuwerfen und eine Beschäftigung mit der Geschichte des Ortes im lokalen, regionalen und europäischen Kontext einzuleiten. Das denkmalpflegerische Kriterium der Leistung manifestiert sich nicht im Objekt, sondern im Potential eines bestimmten räumlichen Ausschnitts, erinnerungskulturelle Prozesse und angesichts »umstrittener« oder »geteilter« Objekte und Orte Dialoge in Gang zu setzen.
Ein Ort, dessen historischer und erinnerungskultureller Wert aus dem Spannungsfeld zwischen an- und abwesenden Elementen, zwischen Leerstellen und Relikten resultiert, führt an die Grenzen traditioneller Denkmalbegrifflichkeiten, ist aber auf der Basis der Zusammenschau verschiedener theoretischer und praktischer Ansätze der Denkmalpflege, die unter dem Begriff »unbequeme Kulturlandschaft« zu subsumieren sind, in seiner potentiellen Denkmalwürdigkeit zu diskutieren. Die Grenzen dessen, was Denkmal sein kann, sind zwar seit den 1970er Jahren räumlich, substanziell und ideell durchlässiger geworden, werden aber immer noch von Ansprüchen an die materielle Substanz des Denkmals und an das Denkmal als Zeugnis von Leistung markiert. Auch HUSE sieht in der Bindung der Denkmalpflege »an die materielle Spur« sowohl eine Stärke als auch eine Schwäche: »Wo es diese nicht mehr gibt, kann es auch keine Denkmalpflege mehr geben.« Aber Denkmalpflege kann es auch dort geben, wo die Spur in existentieller Abhängigkeit vom Vorhandensein der sie umgebenden Substanz als interpretationsoffenes Zeitfenster im Raum verstanden wird. Die Spur ist an das Vorhandensein von materieller Substanz gebunden, denn ohne diese wäre die Spur weder präsent noch wahrnehmbar. Spuren sind dergestalt als Ensembles zu begreifen, die aus einer Leerstelle sowie der sie umgebenden, sie hervorbringenden und auf sie verweisenden materiellen Umgebung bestehen.
Für den Denkmalpfleger als Spurenleser stünde somit das sich über das Materielle ausdrückende Spannungsfeld zwischen Absenz und Präsenz im Fokus, das unter den Vorzeichen des Erinnerns und Vergessens für den kulturwissenschaftlichen Erinnerungs- und Gedächtnisdiskurs von Bedeutung ist. Ein umfassender Spurenbegriff wäre dem Substanzbegriff als Korrektiv zur Seite zu stellen, mit dem Potential, auf Abwesenheit als Resultat von destruktiven Einwirkungen hinzuweisen, Fragen auch nach (un)freiwilligen Zeugnissen, Kontexten, Ursachen, Menschen und ihrem Handeln aufzuwerfen, und dabei dennoch den Konnex zum Materiellen halten zu können. Ein Spurenbegriff, der über das Oszillieren der Spur zwischen ästhetischem und historischem Wert hinausgeht, verweisend auf tiefgreifende Verluste und Zerstörungsprozesse, scheint dazu geeignet, die Funktion des Denkmals auch als »Erinnerung an Brüche, Unschönes und Schwieriges, an Niederlagen und Irrwege, aber auch an Alternativen« zu stärken, die denkmalpflegerische Kanonbildung sowie Kernbegriffe der Disziplin wie Substanz und Leistung hinsichtlich ihrer generellen Anwendbarkeit auf die bestehende und potentielle Denkmalwelt zu hinterfragen. Orte und Objekte abseits traditioneller Vorstellungen vom Denkmal erfordern eine Neufokussierung des Substanzbegriffs, um eine komplexere und vielschichtige, auch konfligierende Deutungen zulassende Kultur- und Geschichtsbetrachtung zu ermöglichen. Eine Denkmalpflege als wissenschaftlich verankerte Disziplin, die sich mit ihren vielfältigen materialbasierten und verorteten Medien der Erinnerung, stärker in den fächer- und längst auch grenzübergreifenden Erinnerungsdiskurs einbringen will, braucht zu Beginn des 21. Jh. nach den Verwerfungen des 20. Jh. noch andere Orientierungspunkte, um sich auch in disparaten, auch von Destruktion geprägten Kulturräumen bewegen zu können.
Living heritage sites are strongly connected to their historical, geographical, socio-political and cultural context. A descriptive narrative of the evolutionary process of the living heritage site of a Sufi shrine is undertaken in this research. It focuses on the changing relationship between the spatial and socio-cultural aspects over time. The larger or macro regional context is interrelated to the micro architectural context. The tangible heritage is defined by and intimately tied to the intangible aspects of the heritage. It is these constituting macro and micro elements and their interrelationships particularly through space and architecture that the research thesis explores in its documentation and analysis.
The Sufi shrine in the South Asian Pakistani context is representative of a larger culture in the precolonial era. It is an expression of an indigenous modernity, belonging to a certain time period, place and community. The Sufi shrine as a building type has evolved from the precolonial time period, particularly starting at the golden ages of the Muslim Empire in the world (9th – 12th century), through the colonial age when western modernity arrived until the current neoliberal paradigm within the post independence period. Continued and evolved use of space, ritualistic performances, multiple social groups using the site are various elements whose documentation and analysis can establish the essential co-relations that contribute to continuity of its historical living. Physical and social relation of the historic site to its immediate settlement context is also a significant element that preserves the socio-cultural context.
The chosen case of the Shrine of Shah Abdul Latif Bhitai, situated in the small town of Bhitshah in the province of Sindh, Pakistan forms a unique example where the particular physical and socio-cultural environment forms the context within which the Sufi heritage lives and survives. It is well integrated within its context at multiple levels. What are these levels and how do the constituting elements integrate is a major subject of research? These form the background to defining some of the basic issues and questions addressed in this doctoral thesis.
Given that living heritage sites are unique due to their particular association to the context, the case study method was used to gain deeper insight and understanding on the topic.