TY - THES A1 - Nowak, Saskia T1 - Alterung von Calciumsulfatphasen : Physiko-chemisch bedingte Feuchteaufnahmen und Einfluss auf die Reaktivität N2 - Die Arbeit zeigt die wesentlichen Gründe auf, warum betahalbhydratreiche Niederbranntgipsbinder (industriell als Stuckgips bezeichnet) oft sehr unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Der Anteil an Halbhydrat, welches aus dem stark hygroskopischen Anhydrit III (A III) durch die Reaktion mit Luftfeuchtigkeit entsteht, stellt einen erheblichen, bislang vollkommen unbeachteten Einfluss dar. Dieses Halbhydrat aus A III zeigt andere Oberflächeneigenschaften und ein Reaktionsverhalten, das von frisch gebranntem Betahalbhydrat abweicht. Es zeigt sich, wie weitreichend der Einfluss physiko-chemischer Oberflächenprozesse wie Adsorption und Kondensation ist. Hierdurch wird nicht nur die Oberflächenenergie der Partikel abgebaut, sondern auch eine Verminderung der Hydratationswärme verursacht. Somit wirken sich physikalische Vorgänge thermodynamisch aus. Einwirkende und resultierende Parameter einer Alterung wirken wie folgt äußerst komplex zusammen: Die dominierenden Bindemitteleigenschaften Abbindeverhalten und Wasseranspruch verändern sich durch eine Alterung sowohl aufgrund der Phasenumwandlungen als auch infolge der Veränderungen der Kristallite. Ebenso einflussreich ist die Veränderung der Oberflächencharakteristik. Die Auswirkung der Alterung auf die Reaktivität geht deutlich über den Abbau von Anhydrit III, die Dezimierung von abbindefähigem Material und die beschleunigende Wirkung von Alterungsdihydrat hinaus. Das Wachstum der Kristallite von Halbhydrat und die Verringerung der inneren Energie sowie die energetisch günstige spontane Beladung der Kristallgitterkanäle kleinster Anhydrit III-Kristallite mit dampfförmigem Wasser müssen als maßgebliche Ursachen für die Abnahme der Reaktivität infolge der Alterung herausgestellt werden. Die Abnahme der spezifischen Oberfläche und der Oberflächenenergie wirken sich außerdem auf den Lösungs- und den Hydratationsprozess aus. Der auf der Oberfläche von Anhydrit III kristallisierte Anhydrit II wirkt sich auch nach der Umwandlung von A III in Halbhydrat lösungshemmend aus. Infolge der alterungsbedingten Dihydratbildung, die bei anhaltender Feuchteeinwirkung einsetzt, wird diese Wirkung aufgehoben bzw. vermindert. Obgleich Dihydrat für seinen Beschleunigungseffekt bekannt ist, entfaltet Alterungsdihydrat infolge seiner besonderen Ausbildung innerhalb der wenige Moleküllagen umfassenden Kondenswasserschicht nur eine geringe keimbildende Wirkung. Eine wesentliche Erkenntnis betrifft den Bindungscharakter des Überstöchiometrischen Wassers. Diesbezüglich ist eine rein physikalische Bindung nachweisbar. Das in der Arbeit als stärker adsorptiv gebunden bezeichnete Wasser kommt neben der Freien Feuchte ausschließlich bei Anwesenheit von Halbhydrat vor. Dieser Zusammenhang wird erstmalig hergestellt und mit Hilfe der kristallchemisch bedingten höheren Oberflächenenergie von Halbhydrat erklärt. KW - Alterung KW - Calciumsulfat KW - Gips KW - Rietveld-Methode KW - Inverse Gaschromatographie KW - Alterungsdihydrat KW - überstöchiometrisches Wasser KW - Kristallitgröße KW - Heilungseffekt KW - Anhydrit III Y1 - 2013 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:gbv:wim2-20130320-18731 SN - 978-3-00-041328-5 ER - TY - THES A1 - Sowoidnich, Thomas T1 - A Study of Retarding Effects on Cement and Tricalcium Silicate Hydration induced by Superplasticizers N2 - Fließmittel werden in Betonen verwendet, um deren Fließeigenschaften während der Verarbeitung zu verbessern und Wasser einzusparen. Beide Faktoren beeinflussen nicht nur den Frischbeton, sondern auch signifikant die Festbetoneigenschaften. Nachteilig wirken sich Fließmittel auf die Festigkeitsentwicklung aus, die z.T. sehr stark verzögert wird. Dies ist vor allem bei Bauteilen, die im Rahmen eines Vorfertigungsprozesses hergestellt werden, ein ökonomischer Nachteil. Die vorliegende Arbeit widmet sich den Ursachen für die Verzögerung der Portlandzementhydratation bei Verwendung von Fließmitteln. Um die komplexen Reaktionen, die während der Portlandzementhydratation auftreten, zu vereinfachen, betrachtet ein überwiegender Teil der Arbeit die Wechselwirkung Fließmittel-Tricalciumsilikat (Abk. Ca3SiO5 oder C3S, Hauptbestandteil von Portlandzementklinker). Die Untersuchungen werden in drei Hauptteilen durchgeführt, wobei Methoden wie u.a. isotherme Wärmeflusskalorimetrie, Elektrische Leitfähigkeit, Elektronenmikroskopie, ICP-OES, TOC als auch Analytische Ultrazentrifugation Anwendung finden. Basierend auf der Wechselwirkung von Kationen mit anionischen Ladungsträgern von Polymeren wird die Interaktion von Calcium mit Fließmitteln im ersten Teil der Arbeit untersucht. Dabei kommt es überwiegend zur Komplexierung von Calciumionen durch die funktionellen Gruppen der Plymere (Carboxyl- bzw. Sulfonguppen), die in zementären Umgebungen sowohl gelöst in der wässrigen Phase als auch als Bestandteil von Partikelgrenzflächen vorhanden sind. Neben diesen Effekten kann auch gezeigt werden, dass Fließmittel die Bildung von nanoskaligen Partikeln hervorrufen, die infolge der sterischen Wirkung von Fließmitteln dispergiert in der wässrigen Phase vorliegen (Clusterbildung). Analog zu neuesten Erkenntnissen aus dem Bereich der Biomineralisation ist daher davon auszugehen, dass diese Nanopartikel durch Agglomeration das Kristallwachtsum beeinflussen. Ausgehend von der Annahme, dass die Auflösungs- und/ oder Fällungskinetik durch die Wirkung von Fließmitteln behindert und damit für den Verzögerungseffekt der Fließmittel während der komplexen Hydratationsreaktion verantwortlich seien können, werden die zugrundeliegenden Vorgänge im zweiten Abschnitt getrennt voneinander untersucht. Es wird anhand von Lösungsuntersuchungen an C-S-H Phasen und Portlandit herausgestellt, dass die Komplexierung von gelösten Calciumionen durch funktionelle Gruppen der Polymere die Löslichkeit von Portlandit erhöht. Im Gegensatz führt die Komplexierung von Calciumionen in der wässrigen Phase zu einer Verringerung der Calciumionenkonzentration in der wässrigen Phase. Diese Effekte werden auf die unterschiedlich starke Adsorptionsneigung der Polymere an C-S-H-Phasen und Portlandit zurückgeführt. Es wird davon ausgegangen, dass die Adsorption aufgrund der größeren spezifischen Oberfläche stärker an den C-S-H-Phasen als am Portlandit auftritt. Demnach stellt sich dar, dass die Polymere erst nachdem die funktionellen Gruppen Calciumionen aus der wässrigen Phase komplexiert haben an den C-S-H-Phasen adsorbieren. Weiterhin kann gezeigt werden, dass die freie C3S Auflösungsrate in Anwesenheit von Fließmitteln keinen direkten Zusammenhang zur Verzögerung erkennen lässt. Teilweise kommt es zu einer in Bezug zur Kontrollprobe ohne Fließmittel erhöhten sowie auch verringerten Auflösungsrate. Wird das Komplexierungsvemögen der Fließmittel berücksichtigt, so kann durchaus eine verlangsamte freie Auflösungsrate ermittelt werden. Doch auch Calcit zeigt einen verzögernden Einfluss auf die freie C3S Auflösung, obwohl es den Gesamtprozess der Hydratation signifikant beschleunigt. Somit kann die behinderte Auflösung als mögliche Ursache für die verzögernde Wirkung während der Zementhydratation weder bestätigt noch widerlegt werden. Dieser Punkt sollte in zukünftigen Arbeiten weiter untersucht werden. Im letzten Schritt dieses Untersuchungsabschnitts wird die reine Kristallisation von C-S-H-Phasen und Portlandit untersucht. Es stellt sich heraus, dass Fließmittel insbesondere durch die Wirkung der Komplexierung von Ionen in der wässrigen Phase sowohl die Induktionszeit verlängern als auch die Kristallwachstumsrate verändern. Dies allein kann aber nicht die komplette Verzögerungswirkung erklären. Ein wichtiger Verzögerungsfaktor ist die Adsorption der Polymere an Kristalloberflächen als auch eine fließmittelbedingte Dispergierung von nanoskaligen Einzelpartikeln, die deren Agglomeration zu Kristallen behindert. Im letzten Hauptuntersuchungsabschnitt werden die gewonnenen Erkenntnisse auf die während der Zement- und Tricalciumsilikathydratation parallel ablaufenden Reaktionen analysiert. Dabei wird insbesondere die ionische Zusammensetzung der wässrigen Phase von C3S Pasten und Suspensionen untersucht, um Hinweise für eine kinetische Hemmung der Hydratationsreaktion zu identifizieren. Zusammenfassend wird festgestellt, dass die Ursachen der verzögernden Wirkung von Fließmitteln auf die Hydratation von C3S auf die starke Verzögerung der Kristallisation von Hydratphasen zurückzuführen ist. Dabei kommt den zwei Faktoren Komplexierung von Calciumionen an Oberflächen und Stabilisierung von nanoskaligen Partikeln eine zentrale Bedeutung zu. Diese Effekte können durch die Wirkung als Templat als auch durch Erhöhung der Löslichkeit infolge Komplexierung freier/gelöster Ionen teilkompensiert werden. Dass die Auflösungsreaktion durch die Anwesenheit von Fließmitteln behindert wird, kann nur indirekt anhand der Entwicklung von Ionenkonzentrationen festgestellt werden. Ob dieser Vorgang die Ursache oder die Folge des Lösungs-Fällungs-Mechanismus der Hydratation ist und damit die verzögernde Wirkung durch behinderte Auflösung des Edukts hervorgerufen wird, bleibt Gegenstand weiterer Untersuchungen. Im Rahmen der Arbeit kann auch gezeigt werden, dass Fließmittel chemisch als Inhibitoren wirken indem sie den Frequenzfaktor verringern. Darüber hinaus wird erstmalig eine Methode entwickelt, die die Bestimmung der Ionenkonzentration in Pasten in-situ erlaubt. Mit deren Hilfe wird dargestellt, dass die Entwicklung der Ionenkonzentration als auch die allgemein verwendete Wärmefreisetzungsrate (Kalorimetrie) miteinander korrespondiert. Darüber hinaus erlaubt die entwickelte Methode die weitere Differenzierung der Accelerationsperiode in drei Stadien. Die Kristallisation von C-S-H-Phasen und Portlandit ist für den Beginn der Haupthydratationsperiode entscheidend. N2 - Superplasticizers are utilized both to improve the fluidity during the placement and to reduce the water content of concretes. Both effects have also an impact on the properties of the hardened concrete. As a side effect the presence of superplasticizers affects the strength development of concretes that is strongly retarded. This may lead to an ecomomical drawback of the concrete manufacturing. The present work is aimed at gaining insights on the causes of the retarding effect of superplasticizers on the hydration of Portland cement. In order to simplify the complex interactions occurring during the hydration of Portland cement the majority of the work focuses on the interaction of superplasticizer and tricalcium silicate (Ca3SiO5 or C3S, the main compound of Portland cement clinker). The tests are performed in three main parts accompanied by methods as for example isothermal conduction calorimetry, electrical conductivity, Electron Microscopy, ICP-OES, TOC, as well as Analytical Ultracentrifugation. In the first main part and based on the interaction of cations and anionic charges of polymers, the interactions between calcium ions and superplasticizers are investigated. As a main effect calcium ions are complexed by the functional groups of the polymers (carboxy, sulfonic). Calcium ions may be both dissolved in the aqueous phase and a constitute of particle interfaces. Besides these effects it is furthermore shown that superplasticizers induce the formation of nanoscaled particles which are dispersed in the aqueous phase (cluster formation). Analogous to recent findings in the field of biomineralization, it is reasonable to assume that these nanoparticles influence the crystal growth by their assembly process. Based on the assumption that superplasticizers hinder either or both dissolution and precipitation and by that retard the cement hydration, the impact on separate reactions is investigated. On experiments that address the solubility of C-S-H phases and portlandite, it is shown that complexation of calcium ions in the aqueous phase by functional groups of polymers increases the solubility of portlandite. Contrary, in case of C-S-H solubility the complexation of calcium ions in solution leads to decrease of the calcium ion concentration in the aqueous phase. These effects are explained by differences in adsorption of polymers on C-S-H phases and portlandite. It is proposed that adsorption is stronger on C-S-H phases compared to portlandite due to the increased specific surface area of C-S-H phases. Following that, it is claimed that before polymers are able to adsorb on C-S-H phases the functional groups must be screened by calcium ions in the aqueous phase. It is further shown that data regarding the impact of superplasticizers on the unconstrained dissolution rate of C3S does not provide a clear relation to the overall retarding effect occurring during the hydration of C3S. Both increased and decreased dissolution rate with respect to the reference sample are detected. If the complexation capability of the superplasticizers is considered then also a reduced dissolution rate of C3S is determined. Despite the fact that the global hydration process is accelerated, the addition of calcite leads to a slower dissolution rate. Thus, a hindered unconstrained dissolution of C3S as possibly cause for the retarding effect still remains open for discussion. In the last section of this part, the pure crystallization of hydrate phases (C-S-H phases, portlandite) is fathomed. Results clearly show that superplasticizers prolong the induction time and modify the rate of crystal growth during pure crystallization in particular due to the complexation of ions in solution. But this effect is insufficient to account for the overall retarding effect. Further important factors are the blocking of crystal growth faces by adsorbed polymers and the dispersion of nanoscaled particles which hinders their agglomeration in order to build up crystals. In the last main part of the work, the previously gathered results are utilized in order to investigate hydration kinetics. During hydration, dissolution and precipitation occur in parallel. Thereby, special attention is laid on the ion composition of the aqueous phase of C3S pastes and suspensions in order to determine the rate limiting step. All in all it is concluded that the retarding effect of superplasticizers on the hydration of tricalcium silicate is based on the retardation of crystallization of hydrate phases (C-S-H phases and portlandite). Thereby, the two effects complexation of calcium ions on surfaces and stabilization of nanoscaled particles are of major importance. These mechanisms may partly be compensated by template performance and increase in solubility by complexation of ions in solution. The decreased dissolution rate of C3S by the presence of superplasticizers during the in parallel occuring hydration process can only be assessed indirectly by means of the development of the ion concentrations in the aqueous phase (reaction path). Whether this observation is the cause or the consequence within the dissolution-precipitation process and therefore accounts for the retarding effect remains a topic for further investigations. Besides these results it is shown that superplasticizers can be associated chemically with inhibitors because they reduce the frequency factor to end the induction period. Because the activation energy is widely unaffected it is shown that the basic reaction mechanism sustain. Furthermore, a method was developed which permits for the first time the determination of ion concentrations in the aqueous phase of C3S pastes in-situ. It is shown that during the C3S hydration the ion concentration in the aqueous phase is developed correspondingly to the heat release rate (calorimetry). The method permits the differentiation of the acceleration period in three stages. It is emphasized that crystallization of the product phases of C3S hydration, namely C-S-H phases and portlandite, are responsible for the end of the induction period. KW - Cement KW - Tricalcium silicate KW - Superplasticizer KW - Complexation KW - Retardation Y1 - 2015 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:gbv:wim2-20160224-25444 SN - 978-3-00-052204-8 ER - TY - THES A1 - Urbina Cazenave, Mario Humberto T1 - Gaze Controlled Applications and Optical-See-Through Displays - General Conditions for Gaze Driven Companion Technologies N2 - Gaze based human-computer-interaction has been a research topic for over a quarter century. Since then, the main scenario for gaze interaction has been helping handicapped people to communicate an interact with their environment. With the rapid development of mobile and wearable display technologies, a new application field for gaze interaction has appeared, opening new research questions. This thesis investigates the feasibility of mobile gaze based interaction, studying deeply the use of pie menus as a generic and robust widget for gaze interaction as well as visual and perceptual issues on head mounted (wearable) optical see-through displays. It reviews conventional gaze-based selection methods and investigates in detail the use of pie menus for gaze control. It studies and discusses layout issues, selection methods and applications. Results show that pie menus can allocate up to six items in width and multiple depth layers, allowing a fast and accurate navigation through hierarchical levels by using or combining multiple selection methods. Based on these results, several text entry methods based on pie menus are proposed. Character-by-character text entry, text entry with bigrams and with text entry with bigrams derived by word prediction, as well as possible selection methods, are examined in a longitudinal study. Data showed large advantages of the bigram entry methods over single character text entry in speed and accuracy. Participants preferred the novel selection method based on saccades (selecting by borders) over the conventional and well established dwell time method. On the one hand, pie menus showed to be a feasible and robust widget, which may enable the efficient use of mobile eye tracking systems that may not be accurate enough for controlling elements on conventional interface. On the other hand, visual perception on mobile displays technologies need to be examined in order to deduce if the mentioned results can be transported to mobile devices. Optical see-through devices enable observers to see additional information embedded in real environments. There is already some evidence of increasing visual load on the respective systems. We investigated visual performance on participants with a visual search tasks and dual tasks presenting visual stimuli on the optical see-through device, only on a computer screen, and simultaneously on both devices. Results showed that switching between the presentation devices (i.e. perceiving information simultaneously from both devices) produced costs in visual performance. The implications of these costs and of further perceptual and technical factors for mobile gaze-based interaction are discussed and solutions are proposed. N2 - Blickbasierte Mensch-Computer-Interaktion ist seit einem viertel Jahrhundert ein relevantes Forschungsthema. Der überwiegende Einsatz von Blicksteuerung beschränkte sich darauf, das Menschen mit Behinderungen kommunizieren können. In dieser Form, können z.B. ALS Patienten allein durch ihren Blickbewegungen Texte schreiben, Rollstühle bewegen und Bedürfnisse mitteilen. Durch die rasante Entwicklung von mobilen Endgeräten und tragbaren Displaytechnologien, öffnete sich ein neues Anwendungsfeld und damit neue Forschungsfragen. Im Rahmen dieser Dissertation wurden grundlegende Interaktionsmöglichkeiten mittels Blicksteuerung entwickelt und erforscht, die das gesamte Potential von Blickbewegungen als Eingabemöglchkeit ausnutzen. Blicksteuerung charakterisiert sich dadurch, dass sie die schnellste motorische Bewegung ist und unwillkürlich gesteuert wird. Sie bildet damit Aufmerksamkeitsprozesse ab. So kann der Blick nicht nur als Mittel zur Eingabe dienlich sein, sondern er verrät auch etwas über die Intentionen und Motive des Nutzers. Dies für die Rechnersteuerung zu nutzen, kann die Eingabe mittels Blicken überaus einfach und effizient machen und zwar nicht nur für motorisch beeinträchtigte, sondern auch für gesunde Nutzer. Diese These erforscht die Machbarkeit von mobiler Blicksteuerung. Sie untersucht im Detail den Einsatz von Pie Menüs als generisches und robustes Widget für Blicksteuerung, sowie visuelle und wahrnehmungspsychologische Aspekte bei der Nutzung von mobilen optischen Datenbrillen. Diese Arbeit fasst konventionelle blickbasierte Interaktionsmethoden zusammen und untersucht im Detail die Verwendung von Pie Menüs für Blicksteuerung. Es erforscht und diskutiert Layout-Probleme, Auswahl, Methoden und Anwendungen von Pie Menüs. Die Ergebnisse zeigen, dass Pie Menüs bis zu sechs Elemente in Breite und Tiefe, in mehreren Schichten zuordnen können, so dass eine schnelle und präzise Navigation durch die hierarchischen Ebenen gewährleistet ist. Durch die Nutzung oder die Kombination mehrerer Selektionsmethoden, kann eine effiziente und effektive Interaktion gewährleistet werden. Gestützt von diesen Ergebnissen, wurden diverse auf Pie Menüs basierte Texteingabesysteme entwickelt. Diese Texteingabesysteme bauen auf der Eingabe von Einzelbuchstaben, Bigrammen, und vorhersgesagten Wörter. Die genannten Systeme sowie zwei Selektionsmethoden der blickbasierten Interaktion wurden untersucht. Die Ergebnisse zeigen signifikante Unterschiede bei der Geschwindigkeit und Genauigkeit der Texteingabe zugunsten des auf Bigrammen basierten Texteingabesystems, im direkten Vergleich zur Methode der einzelnen Buchstabeneingabe. Die Probanden präferierten, die neue aus Sakkaden basierte Selektionsmethode, über die konventionelle und gut etablierte Schwellzeit (dwell time) Methode. Pie Menüs erwiesen sich als ein praktikabel und robustes Widget, dass die effiziente Nutzung von mobilen Eye-Tracking-Systemen und Displays, auch bei geringer Genauigkeit, ermöglichen kann. Nichts desto trotz, muss die visuelle Wahrnehmung in mobilen op tischen Datenbrillen untersucht werden, um die Übertragbarkeit der bereits benannten Befunde für Datenbrillen sicher zu stellen. Ziel der AR-Ausgabegeräte ist es, die reale Umgebung mit virtueller Information anzureichern. Die Vorstellung dabei ist, dass die virtuelle Information sich in die reale Umgebung einfügt, d.h., dass Betrachter die virtuelle und reale Information zu einem Bild integrieren. Aus psychologischer Perspektive ist es einerseits plausibel, dass Informationen in raum-zeitlicher Nachbarschaft zusammenzufügen sind. Andererseits kann eine vollständige Integration nur dann erfolgen, wenn die Darbietung als einheitlich wahrgenommen werden kann. Dagegen sprechen allerdings zwei grundlegende Punkte; zum einen das Selbstleuchten der virtuellen Information, zum anderen deren Größenund Entfernungshinweise. Das Selbstleuchten der per AR-Gerät eingeblendeten Information ist deshalb problematisch, weil dieses Merkmal bei realen Objekten kaum vorhanden ist. Insofern sollte eine vollständige Integration der Information von dem AR-Gerät und anderer Information höchstens dann erfolgen können, wenn es sich bei der realen Information um Reize auf einem Computermonitor handelt, die ebenfalls selbstleuchtend sind. Für andere reale Objekte sollte die Leuchtstärke der eingeblendeten Information allein ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal darstellen. Ein weiteres wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist die Größeninformation, die einen bedeutenden Anteil an der Entfernungsschätzung hat: In unserer realen Welt werden Objekte, die sich vom Betrachter entfernen, auf zunehmend kleinere retinale Areale projiziert. Gleich große Objekte müssen also mit zunehmender Betrachtungsdistanz kleiner abgebildet sein. Bei der AR- Technologie werden nun Objekte, wie bei einem Nachbild, in konstanter retinaler Größe projiziert, unabhängig davon, wo in der Tiefe sie gerade lokalisiert werden. Da die Objekte üblicherweise auf bzw. vor dem nächsten Hintergrund wahrgenommen werden, sind Größeninformationen der virtuellen Objekte nicht zur Entfernungswahrnehmung zu verwenden. Sie führen sogar teilweise zu widersprüchlichen Tiefenhinweisen, wenn die Distanz zu einem Hintergrund vergrößert wird, die Reize aber die gleichen retinalen Areale beanspruchen und somit bei größer werdender Entfernung als größer wahrgenommen werden. Für diese These wurden drei Versuchsanordnungen entwickelt, mit denen jeweils bestimmte Aspekte der gleichzeitigen Wahrnehmung von Information auf einem AR-Gerät und realen Umwelt detailliert untersucht wurden. Die Ergebnisse zeigten, dass die gleichzeitige Wahrnehmung von Information aus realen und virtuellen Medien mit kosten in der Sehleistung verbunden ist. Weitere Untersuchungen zeigten, dass das visuelle System bei der gleichzeitigen Darbietung von virtuellen und realen Reizen ständig die Einstellung von Vergenz und Akkomodation ändern muss. Dies könnte die visuelle Beanspruchung erklären, die in zahlreichen Studien beobachtet wurde. Die Auswirkungen der genannten Wechselkosten, Wahrnehmungs- und technischen Faktoren für mobile blickbasierte Interaktion werden hier diskutiert und Lösungen werden vorgeschlagen. KW - Eye tracking movement KW - Gaze Control KW - Visual Perception KW - Eye Typing KW - Gaze Interaction KW - Augmented Reality Displays Y1 - 2012 U6 - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:gbv:wim2-20121107-17492 ER -