@book{OPUS4-2696, title = {Alles Heritage?}, editor = {Angermann, Kirsten and Engelberg-Dockal, Eva von and Warda, Johannes}, doi = {10.25643/bauhaus-universitaet.2696}, url = {http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:wim2-20161110-26961}, pages = {86}, abstract = {Die Erweiterung des Denkmalbegriffs hat zu einer Expansion des Erinnerns, Sch{\"u}tzens, Bewahrens und Tradierens auf alle Bereiche des Lebens gef{\"u}hrt. Heute werden nicht nur Scheunen, Tankstellen und Großwohnsiedlungen als Teil des historischen Erbes unter Denkmalschutz gestellt, sondern auch kulturelle Praktiken und Br{\"a}uche zum „immateriellen" Weltkulturerbe erkl{\"a}rt. Die Folge dieser als „Denkmal-Inflation" kritisierten Entwicklung ist eine versch{\"a}rfte Konkurrenz um Aufmerksamkeit und finanzielle Zuwendungen. Letzteres spiegelt sich nicht zuletzt in einer zunehmenden, maßgeblich von der Tourismusindustrie gef{\"o}rderten publikumswirksamen Inszenierung des Erbes. Im Zeitalter der „Heritage Industry" (Robert Hewison, 1987) bilden Kulturg{\"u}ter aber nicht nur einen wichtigen Standortfaktor, sondern wird das „Erbe" selbst zunehmend mittels internationaler Charten, Deklarationen, Plaketten und Social Media-Kampagnen konstruiert. Dies geschieht vorwiegend innerhalb eines anglophonen Diskurses, der aber an die deutschsprachigen begriffs- und ideengeschichtlich gepr{\"a}gten Diskussionen strenggenommen nicht anschlussf{\"a}hig ist. Dort l{\"a}sst sich ein - in einem {\"a}hnlichen Sinne umfassend zu nennender - Erbe-Begriff zwar bereits f{\"u}r die Heimatschutzbewegung konstatieren, eine fachlich ausdifferenzierte Denkmalpflege, wie wir sie heute kennen, tut sich jedoch schwer, ein solches universelles Konzept zu integrieren. W{\"a}hrend die „Heritagisierung" durch internationale Organisationen zu einer Verschiebung des Fokus von Baudenkmalen hin zur allgemeinen Bewahrung von Kulturerbe f{\"u}hrt (das immaterielle eingeschlossen, siehe etwa die Burra Charter), bleibt der Denkmal- und Erbe-Diskurs in den deutschsprachigen L{\"a}ndern bislang klar auf Baudenkmale und st{\"a}dtebauliche Ensembles konzentriert. Letzteres zeigt sich auch im Vorfeld des European Cultural Heritage Year 2018, das in Deutschland im Gegensatz zu anderen europ{\"a}ischen L{\"a}ndern maßgeblich von Denkmalschutzorganisationen getragen wird. Die Wende hin zum Heritage l{\"a}sst sich gleichermaßen bei neuen Forschungsfeldern und Ausbildungswegen der Denkmalpflege beobachten. So werden heute „Heritage Tourism" und „Dark Heritage" als spezifische Formen der „Denkmalnutzung" untersucht und bilden - in Erg{\"a}nzung zu den klassischen Disziplinen Kunstgeschichte, Architektur und Planung - „Heritage Management" und „Heritage Studies" grundst{\"a}ndige Studieng{\"a}nge. Letzteres gilt inzwischen auch f{\"u}r die deutschsprachigen L{\"a}nder. Der Weg f{\"u}hrt damit weg von der spezialisierten Kennerschaft zum Allrounder mit neuen Schwerpunkten auf Marketing, Verwaltung und Vermittlung. Mit Blick auf sozio-kulturelle Entwicklungen erweist sich, dass der Heritage-Begriff vor allem im {\"o}konomischen und politischen Diskurs weitgehend affirmativ gebraucht wird. Heritage geht demnach mit einem gewissen moralischen wie missionarischen Impetus einher, verbunden mit einer (Kultur-)Politik der „Identit{\"a}tsstiftung". In Zeiten, in denen „Identit{\"a}t" wieder als politisches Schlagwort im gesellschaftlichen Diskurs fungiert, scheint es um so wichtiger, die wissenschaftliche Besch{\"a}ftigung mit Heritage, die zugrunde liegenden begrifflichen Konzepte und pr{\"a}skriptiven Programme, kritisch zu reflektieren.}, subject = {Kulturerbe}, language = {de} }